Asylanträge türmen sich: "Wer am lautesten schreit, wird auch schneller bearbeitet"

Naumburg - Wer in Deutschland einen Asylantrag stellt, muss im Schnitt sieben Monate (!) warten. Viel Zeit, die viel Geld kostet. Doch einige Migrationsagenturen sind chronisch überlastet und überlegen sich zudem genau, wen sie abschieben und wen nicht.

Nashir Ahmad S. (l.) hofft mit seinen Kindern auf einen positiven Asylbescheid.
Nashir Ahmad S. (l.) hofft mit seinen Kindern auf einen positiven Asylbescheid.  © ZDF/Jonny Müller-Goldenstedt

Mit rund 745.000 hatten die Asylanträge laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Jahr 2016 ihren Höchststand. Es folgten rückläufige Jahre, doch seit 2021 ist wieder ein Anstieg zu verzeichnen, wird in der neuen ZDF-Doku "Am Puls" skizziert. 2023 waren es knapp 352.000 Anträge - ohne die mehr als eine Million Ukraine-Flüchtlinge, die kein Asylverfahren durchlaufen müssen.

In der Migrationsagentur des Burgenlandkreises in Naumburg (Sachsen-Anhalt) werden diese Anträge bearbeitet. Hier wartet auch Nashir Ahmad S. auf einen hoffentlich positiven Bescheid. "Ich träume von einem normalen Leben für mich und die Kinder", so der Afghane, der seit Dezember in einer Erstaufnahmeeinrichtung lebt.

460 Euro stehen in Deutschland alleinstehenden Erwachsenen, die auf den Bescheid ihres Asylantrages warten, monatlich zu. Die Unterkunft wird separat übernommen.

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Dass die Asylbewerber so lange warten müssen, bedauert Sachbearbeiter Thomas Nooß. Er allein kümmert sich um 900 bis 950 Personen! Wie er das denn schaffe, will Reporter Christian Sievers (55) wissen. "Schaffen wir nicht. Das türmt sich immer mehr, und man macht mittlerweile Prioritätenarbeit: Wer am lautesten schreit, wird auch schneller bearbeitet."

Die Dauerbelastung und der nicht kleiner werdende Berg an Arbeit gehe auf die Psyche, bestätigt Nooß, dessen Agentur schon mehrere Überlastungsanzeigen an höhere Stellen geschrieben hat. Es geht einfach nicht mehr.

Abschiebungen aus Deutschland: "Das sind Gebietsfelder, die können wir nicht einfach abschieben"

ZDF-Reporter Christian Sievers (55) im Gespräch mit einer Mitarbeiterin des Rückkehrmanagements.
ZDF-Reporter Christian Sievers (55) im Gespräch mit einer Mitarbeiterin des Rückkehrmanagements.  © ZDF/Jonny Müller-Goldenstedt

Über das sogenannte Rückkehrmanagement werden jährlich 70 bis 80 Menschen in ihre Herkunftsländer abgeschoben. Das ist nicht viel.

Aber: "Wir haben nicht nur einen Fachkräfte-, sondern auch einen Arbeitskräftemangel", sagt eine Mitarbeiterin, die sich sowohl um Abschiebungen als auch freiwillige Ausreisen kümmert.

"Wenn jemand als Reinigungskraft, in der Pflege oder Gaststätte arbeitet ... Das sind Gebietsfelder, wo ich sage, die können wir nicht einfach abschieben."

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Grundsätzlich werde geschaut: Wer integriert sich, wer wird straffällig, wer kommt aus einem sicheren Herkunftsstaat. "Straftäter und Leute, die sich nicht integrieren, die nicht mitmachen, haben hier keine Chance. Das kann jede Behörde und jeder Landkreis nach eigenem Ermessen auslegen."

TV-Tipp: "Am Puls: Zerreißprobe Zuwanderung" mit weiteren spannenden Einblicken zeigt das ZDF am Donnerstag (8. August) ab 22.15 Uhr. Schon jetzt seht Ihr die Doku in der Mediathek.

Titelfoto: ZDF/Jonny Müller-Goldenstedt

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