Arbeitslose lässt Jobcenter-Termin sausen: "Ich sitze auf dem Klo, funktioniert nicht"

Bremerhaven - An jeder Ecke wird händeringend nach Personal gesucht, dennoch gibt es 2,8 Millionen Arbeitslose: Statistiken, die auf den ersten Blick kollidieren. Doch welche Hürden es teilweise gibt, Menschen in Arbeit unterzubringen, und wo auch den Jobcentern die Hände gebunden sind, will Sarah Tacke (41) in einer aktuellen ZDF-Doku herausfinden.

ZDF-Moderatorin Sarah Tacke (41) stellt sich die Frage, wieso es in Deutschland knapp drei Millionen Arbeitslose und zwei Millionen offene Stellen gibt.
ZDF-Moderatorin Sarah Tacke (41) stellt sich die Frage, wieso es in Deutschland knapp drei Millionen Arbeitslose und zwei Millionen offene Stellen gibt.  © ZDF/Phil Porter

Es gibt Menschen, die arbeiten wollen, aber in ihrer Region nichts Adäquates finden. Und es gibt jene, deren Bemühungen sich in Grenzen halten. Die kennt Maren Tesche nur zu gut. Die Arbeitsvermittlerin beim Jobcenter Bremerhaven erzählt von einer Zählung, die ergab, dass innerhalb von drei Monaten rund 40 Prozent der Termine für Arbeitssuchende nicht wahrgenommen wurden.

Bei einem Telefonat ist das Drehteam dabei. "Wir haben ja eine Verabredung, wo sind Sie denn?", fragt Tesche die Frau. "Tja, noch daheim. Ich habe mich heute früh übergeben, ich sitze auf dem Klo, funktioniert nicht."

Sie hätte zumindest absagen können, gibt Tesche an. Und ist genervt. "Man kommt ja auch nicht voran. Man lädt ein und lädt noch mal ein und lädt noch mal ein - und die Leute kommen nicht."

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Was hält die Arbeitsvermittlerin von Kürzungen bei mehrmaligem Nichterscheinen? "Ich weiß nicht, ob das was ändert, ob sich Kunden dadurch abschrecken lassen." Sie stellt die Frage in den Raum, was man erreicht, wenn man jemanden mit Druck und Zwang in einen Job steckt: "Ich möchte auf einer vernünftigen Ebene arbeiten und nicht Angst und Schrecken verbreiten."

Zudem sei sie vielmehr eine Lebensbegleiterin. "Arbeitsvermittlung ist eigentlich das Wenigste, was passiert."

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil: Zahl der Job-Totalverweigerer "verschwindend gering"

Sarah Tacke schaut der Bremerhavener Arbeitsvermittlerin Maren Tesche über die Schulter.
Sarah Tacke schaut der Bremerhavener Arbeitsvermittlerin Maren Tesche über die Schulter.  © ZDF/Phil Porter

Ihre Chefin gibt an, Möglichkeiten zu haben, Leistungen zu mindern - auch, wenn jemand nicht zum Termin kommt. Bis zu 30 Prozent Leistungsminderung können der- oder demjenigen pro Meldeversäumnis aufgebrummt werden. "Das ist ein sehr hoher Verwaltungsaufwand, aber wir haben die Möglichkeit", sagt Bremerhavens Jobcenter-Leiterin Nina von Rittern.

Und gibt zu bedenken: "Wir haben aber einen kleinen Anteil von Menschen, die auch das nicht juckt, die sich da irgendwie durchschleichen. Deswegen brauchen wir Leistungsminderung, ansonsten kommen wir an diese Menschen nicht ran." Sie wünscht sich von der Politik eine klare Gesetzgebung.

Was sagt Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (51, SPD) dazu? Die Zahl der "Totalverweigerer", die jegliche angebotenen Jobs ablehnen, sei "verschwindend gering". Er spricht von "einigen Zehntausend. Es ist trotzdem wichtig, dieses Zeichen zu setzen." Dieses soll sein, für diese Menschen gesetzlich eine Leistungskürzung von 100 Prozent vorzunehmen. Nur ihre (bezahlte) Wohnung sollen sie nicht verlieren.

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Angesprochen auf die Meinung einiger Menschen, die sich bewusst fürs Bürgergeld entscheiden, weil es für sie keinen Unterschied zu einem Vollzeitjob als Mindestlohnbasis mache: "Das ist nicht die Wahrheit. Arbeit macht immer einen Unterschied. Das Gerücht, dass sich Arbeit nicht lohnt, darf sich nicht herumsprechen", so Heil.

"Verschwindend gering" sei in Deutschland die Zahl der Totalverweigerer, sagt Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (51, SPD).
"Verschwindend gering" sei in Deutschland die Zahl der Totalverweigerer, sagt Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (51, SPD).  © Federico Gambarini/dpa

Die komplette Sendung seht Ihr am Mittwoch (1. Mai) ab 19.20 Uhr im ZDF oder schon jetzt in der Mediathek.

Titelfoto: ZDF/Phil Porter

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