"Der kleine Jude bettelt": Katharina und "der Nazi in meiner Familie"

Moers - Für die Geschichte der eigenen Familie kann niemand etwas. Dass man sie nicht einfach als Vergangenheit abstempeln muss, zeigt eine junge Frau, die zur Nazi-Historie ihres Opas geforscht hat und traurige Dinge erfuhr.

Katharina (35) hält ein Foto ihres 1979 verstorbenen Opas in der Hand. Er trägt Mütze und Uniform mit Reichsadler und Hakenkreuzen.
Katharina (35) hält ein Foto ihres 1979 verstorbenen Opas in der Hand. Er trägt Mütze und Uniform mit Reichsadler und Hakenkreuzen.  © ZDF/Jana Mai

Als Katharina (35) geboren wird, sind ihre Eltern gerade fertig mit dem Studium und kurz davor, ins Berufsleben einzusteigen. "Ich habe sehr viel Zeit bei und mit meiner Großmutter verbracht", erzählt die aus dem Raum Moers (NRW) stammende Theaterschaffende in der ZDF-Doku "Der Nazi in meiner Familie".

Ihre Oma habe immer wieder gesagt, nichts von Deportationen und davon mitbekommen zu haben, "was die Nazis gemacht haben oder dass Menschen jüdischen Glaubens plötzlich nicht mehr da waren".

Katharina macht sauer, "dass Leute behaupten, sie haben nichts mitbekommen, weil ich glaube, dass es nicht so schwer war, etwas mitzubekommen. Man kennt ja auch die Schilder 'Kauft nicht bei Juden'. Das zu verleugnen, macht mich sauer."

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In ihrer Jugend leidet die heute 35-Jährige an Depressionen, äußert als 14-Jährige Suizidgedanken. "Mein Vater hat darauf sehr stark reagiert", erinnert sich Katharina. "Das Ausmaß war mir unverständlich und kam überraschend in dem Moment." Es kam aus gutem Grund.

Auf eigene Faust ging Katharina in die Recherche zu ihrer Familiengeschichte.
Auf eigene Faust ging Katharina in die Recherche zu ihrer Familiengeschichte.  © ZDF/Jana Mai

Katharina über ihren Opa: "Mir ist sehr stark bewusst geworden, was für ein Nazi er war"

"Der kleine Jude bettelt" hat ihr Großvater unter ein Foto geschrieben, dass Menschen mit erhobenen Armen zeigt, hinter denen bewaffnete Soldaten stehen.
"Der kleine Jude bettelt" hat ihr Großvater unter ein Foto geschrieben, dass Menschen mit erhobenen Armen zeigt, hinter denen bewaffnete Soldaten stehen.  © ZDF/Jana Mai

Ihr Opa, der lange Zeit in Italien stationiert war, hatte sich 1979 in einer Ferienhütte das Leben genommen. "Das war der Grund, warum mein Vater so extrem reagiert hat auf meine Aussage." Der Suizid sei ihr erstes Puzzlestück auf der Suche nach der Geschichte ihrer Familie gewesen.

Nachdem 2019 auch ihre Oma stirbt, werden Bilder bei der Wohnungsauflösung gefunden. "Als ich mir das Fotoalbum meines Großvaters das erste Mal angeguckt habe, ist mir sehr stark bewusst geworden, was für ein Nazi und wie stark er Teil des nationalsozialistischen Systems war."

Sie sieht: "Er trägt eine Mütze und Uniform mit Reichsadler und Hakenkreuz. Und dann ist da ein Erschießungskommando. Leute mit erhobenen Armen und dahinter Menschen mit Waffen." Darunter steht der Satz: "Der kleine Jude bettelt."

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Auf einer anderen Seite sind badende Frauen zu sehen. In Großbuchstaben steht "JÜDINNEN" dort. Und: "Kommentar überflüssig." Es mache sie wütend und traurig, dass einer ihrer Vorfahren derartiges Gedankengut in sich trug.

Die komplette Doku "37 Grad Leben - Der Nazi in meiner Familie" wird am Sonntag (26. Januar) um 9.03 Uhr im ZDF ausgestrahlt und ist ab sofort in der ZDFmediathek abrufbar.

Titelfoto: Bildmontage: ZDF/Jana Mai

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