Völkermord-Horror über Generationen hinweg: Die Geschichte von Julien

Frankfurt am Main/Ruanda - Bis zu einer Million Menschen fielen dem Völkermord in Ruanda zum Opfer. Die Gräueltaten liegen mehr als 30 Jahre zurück, doch viele der Nachkommen der Überlebenden leiden unter den Schatten der Vergangenheit - einer von ihnen ist Julien (35) aus Frankfurt.

Julien (35) wuchs behütet in Langen bei Frankfurt am Main auf, doch die Geschichte seines ruandischen Vaters holte ihn ein.  © ZDF/Tina Soliman

"Einfach ein unglaublicher Schmerz, der hier aus der Mitte der Brust kommt und förmlich meinen Brustkorb zerreißt", beschreibt der 35-Jährige seine Empfindungen am Beginn der ZDF-Reportage "Ererbtes Trauma - Julien und der Schmerz der Anderen".

Das Leid, dass der Frankfurter in sich trägt, geht auf seinen Vater zurück. Dieser stammte aus Ruanda, er gehörte zur Volksgruppe der Tutsi - jener ethnischen Minderheit, die 1994 von Angehörigen der Hutu-Mehrheit angegriffen und massakriert wurde.

Etwa 75 Prozent der ruandischen Tutsi wurden damals ermordet.

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Julien wuchs in Langen nahe Frankfurt bei seiner Mutter auf und er beschreibt seine Kindheit als "wunderschön". Sein Vater verließ die Familie früh und starb danach bei einem Unfall. Er sprach mit seinem Sohn niemals über den Völkermord, dennoch hat der Frankfurter das Gefühl, dass das Leid seines Vaters auf ihn übertragen wurde.

Er empfinde einen "Schmerz, der nicht meiner ist", sagt Julien.

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Transgenerationale Weitergabe von Traumata

In Ruanda besuchte der 35-Jährige auch das "Kigali Genocide Memorial", es erinnert an den Völkermord von 1994.  © ZDF/Tina Soliman

Das Phänomen ist als "transgenerationale Weitergabe" bekannt: Traumata einer Generation werden dabei unbeabsichtigt und oft auch unbewusst an die Nachkommen weitergegeben.

Auch von Überlebenden des Holocaust und deren Kindern ist dieser Prozess bekannt.

In der Reportage der ZDF-Reihe "37 Grad" reist Julien nach Ruanda, um den Völkermord-Horror aufzuarbeiten, den sein Vater erleiden musste.

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"Ich bin sprachlos, was Menschen imstande sind, sich gegenseitig anzutun", sagt er mit bebender Stimme, als er die Gedenkstätte "Kigali Genocide Memorial" besucht und das ungeheure Ausmaß des Völkermords erfasst.

Doch der 35-Jährige schafft es auch, Linderung für sein Leid zu finden: Seine Reise nach Ruanda sei für ihn "das Heilsamste, was ich den letzten 35 Jahren getan habe", bekennt er am Ende des Films.

Die Reportage "Ererbtes Trauma - Julien und der Schmerz der Anderen" wird am Dienstag (29. April) ab 22.15 Uhr vom ZDF ausgestrahlt. Ebenso ist der Film von Tina Soliman und Torsten Lapp auch in der ZDF-Mediathek zu finden.

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