Stephanies (†10) Killer: "Sie war quer an die Tür gelehnt und hat vor sich hin gelallt"
Weimar/Hermsdorf - Mehr als 26 Jahre lief der Mörder der zehnjährigen Stephanie Drews ungesühnt herum. Wie er nach all der Zeit doch noch überführt werden konnte und wie die Vernehmung des beschuldigten Kinderschänders verlief, zeigt eine neue TV-Doku.
Mit ihren beiden Geschwistern und einer Freundin hatte sich Stephanie am 28. August 1991 im Weimarer Goethepark zum Spielen getroffen.
Etwa eine Stunde später sprach ein unbekannter Mann die Minderjährigen an und bot 50 D-Mark, um sich das Schloss Belvedere zeigen zu lassen.
"Das ist eigentlich die klassische Vorgehensweise von Tätern, vor denen Kinder üblicherweise bewahrt werden - nämlich der fremde Täter", sagt die forensische Psychiaterin Dr. Nahlah Saimeh (56) in der True-Crime-Doku.
Stephanie nahm das Angebot an und begleitete den Mann. Doch sie kehrte nicht zurück. Zwei Tage später wurde ihre Leiche am Fuße der fast 50 Meter hohen Teufelstalbrücke gefunden, über die die Autobahn 4 führt.
"Man hat eindeutig festgestellt, dass das Mädchen infolge der Sturzverletzung verstorben ist", weiß der Leiter "SOKO Altfälle", Andreas Gerstberger.
Die Viertklässlerin hatte zudem Spuren eines Beruhigungsmittels in Blut und Mageninhalt, die sie selbst aber zuvor nie eingenommen hatte.
Durch Zeugenaufrufe, unter anderem bei "Aktenzeichen XY ... ungelöst", fanden sich keine Zeugen, die den Ermittlern den entscheidenden Hinweis geben konnten. Der Fall wurde zum "Cold Case".
True-Crime-Doku "Mörderische Wahrheit" (ZDF): Hans-Joachim G. verabreichte ihr Beruhigungsmittel
Später folgte ein aufwendiger Abgleich mit anderen ungeklärten Kindsmorden wie Bernd Beckmann (†10, 1993) und Ramona Kraus (†9, 1996). Gab es einen Zusammenhang mit der nun ebenfalls gewaltsam getöteten Stephanie?
Nach technischen Fortschritten und mithilfe einer Software sowie alten Fotos und Plänen konnte Prof. Dirk Labudde von der Hochschule Mittweida die mittlerweile abgerissene Brücke rekonstruieren.
Schnell stellte der Bioinformatiker und Forensiker fest, dass im freien Fall - wenn die Viertklässlerin also im Zuge eines Unfallgeschehens abgestürzt wäre - der tatsächliche Auffindeort niemals hätte erreicht werden können. Jetzt stand zweifelsohne fest: Stephanie wurde absichtlich in den Tod gestoßen - es war Mord.
26 Jahre nach der Tat rückte der vorbestrafte Sexualstraftäter Hans-Joachim G. in den Fokus, der sich während einer vorangegangenen Haftstrafe schon hatte kastrieren lassen. In früheren Missbrauchsfällen hatte er unter Einsatz von Medikamenten gehandelt. Eine Parallele zum Mordfall Stephanie Drews.
Im März 2018 folgte ein Zugriff mit SEK-Beamten in seiner Berliner Wohnung. Schnell gab der Beschuldigte Teile der Tat zu. Jedoch nicht, die Zehnjährige getötet zu haben. Nach Gabe der Beruhigungsmittel habe sie "quer an die Tür" seines Wagens gelehnt und "vor sich hingelallt".
Nach Konfrontation mit der Rekonstruktion des Sturzes räumte er doch noch einen Stoß ein. Im November 2018 wurde er wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt.
Den zweiten Teil der ZDF-Doku "Mörderische Wahrheit" seht Ihr am heutigen Dienstag ab 20.15 Uhr im ZDF und schon vorab in der Mediathek, wo es auch den ersten Teil gibt.
Titelfoto: Bildmontage: Polizei, picture-alliance/dpa