"N-Wort" in neuem MDR-Krimi! Löst dieser Krimi einen TV-Eklat aus?

Lauchhammer - Wer diesen neuen Krimi im TV sieht, wird an einer Stelle besonders aufhorchen. Denn in einem Dialog fällt mit ziemlicher Selbstverständlichkeit das "N-Wort". Sorgt diese Szene für einen Rassismus-Eklat im Öffentlich Rechtlichen Fernsehen?

Maik Briegand (Mišel Matičevič, 52) und Annalena Gottknecht (Odine Johne, 35) ermitteln in "Tod in Lauchhammer" in der Lausitz.
Maik Briegand (Mišel Matičevič, 52) und Annalena Gottknecht (Odine Johne, 35) ermitteln in "Tod in Lauchhammer" in der Lausitz.  © MDR/Moovie/Steffen Junghans

"Es gibt immer die, die dazu gehören, und immer die, die draußen sind. Die, die sich alles nehmen und die, die alles verlieren" - eine sonore Stimme leitet den neuen ARD-Krimi ein. Alles eingetaucht in Sepia-Töne - so beginnt "Tod in der Lausitz".

In vier Teilen bildet die "Krimi-Lausitz", die "gegenwärtig einer der spannendsten und zukunftsweisendsten Orte Deutschlands" sei, den Mittelpunkt einer Mord-Geschichte. Denn Strukturwandel, Klimawandel und Kulturwandel stehen an: Der Kohleausstieg ist vor dem Hintergrund der ökologischen Krise ebenso dringlich wie wirtschaftlich und gesellschaftlich herausfordernd. Für die Menschen in der Lausitz bedeute die Abkehr von der Kohle "aber nicht nur eine Chance, sondern auch Verlusterfahrung".

Ein Krimi also mit sozial-politischen Ambitionen, mit einem großen Spannungsbogen und einem wunderbaren Schauspiel-Cast - so viel vorweg. Regie führt Till Franzen (49), der sich auskennt in der Gegend - von ihm kommen einige "Wolfsland-Krimis".

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Ebenso wenig wie der Ort der Handlung ist die Zeit zufällig gewählt, in der die Geschichte spielt: der Zeitraum um den symbolträchtigen 3. Oktober.

"Da treibt sich jetzt das Gesocks rum: N-Wort, Asoziale, Berliner."

Verwendet wird das N-Wort vom Leiter des Polizeireviers Voigt (3. v. l. o).
Verwendet wird das N-Wort vom Leiter des Polizeireviers Voigt (3. v. l. o).  © MDR/Moovie/Steffen Junghans

Ein Krimi lebt stets von den beteiligten Kommissaren und wie sie sie ihre Mörder suchen - aber auch vom "Begleitpersonal" - so wie die Figur des "Dorfpolizisten". Dieser sagt fast zu Beginn "Da treibt sich jetzt das Gesocks rum: N-Wort*, Asoziale, Berliner." (*TAG4 verzichtet an dieser Stelle auf das Ausschreiben des N-Wortes.) ... Zurückgespult, lauter gedreht, genauer hingehört: Ja, richtig, das N-Wort fällt!

Auf TAG24-Nachfrage, ob das Zitat lediglich in der Presse-Vorabversion zu hören sein wird oder so ausgestrahlt werde, reagiert der Sender schnell mit einer Begründung.

So habe man mit den Drehbuchautorinnen, den Produzentinnen und dem Regisseur der Serie im Vorfeld gründlich und kontrovers über die Verwendung des N-Wortes diskutiert. Dabei seien unterschiedliche Perspektiven sehr intensiv abgewogen worden. "Es war keine leichte Entscheidung, weil wir wissen, dass das N-Wort klar rassistisch ist und die Gefühle vieler Menschen verletzt", so ein Sprecher vom MDR.

Eigene Erfahrungen der Schauspieler genutzt

Karl Briegand (Uwe Preuss, 61) sagt: "Beim Lesen der Drehbücher, die atmosphärisch sehr dicht geschrieben waren, erinnerte ich mich an meinen Onkel, den Parteisekretär in der Braunkohle, den ich aber nie besucht habe auf seiner Arbeitsstelle. Ich war also gespannt..."
Karl Briegand (Uwe Preuss, 61) sagt: "Beim Lesen der Drehbücher, die atmosphärisch sehr dicht geschrieben waren, erinnerte ich mich an meinen Onkel, den Parteisekretär in der Braunkohle, den ich aber nie besucht habe auf seiner Arbeitsstelle. Ich war also gespannt..."  © MDR/Moovie/Steffen Junghans

Warum hat sich der Sender dennoch dazu entschlossen, es zu verwenden?

In unserer Gesellschaft gebe es individuellen und strukturellen Rassismus. "Die Produzentinnen der Serie berichteten während der Arbeit an der Serie unter anderem von den vielfältigen Erfahrungen der Schauspielerin Thelma Buabeng (41), die die Sozialarbeiterin Clara Goll spielt, mit Alltagsrassismus. Fiktion dient unter anderem dazu, gesellschaftliche Realität abzubilden und Missstände deutlich zu machen. In diesem Fall wird der Alltagsrassismus sehr realitätsnah dargestellt; entsprechende Haltung und Ansichten werden über Sprache ausgedrückt." Ein Kunst-Kniff also...

Die Verwendung des N-Wortes sei "drastisch und kann dadurch für manche irritierend wirken", doch sie bilde "leider die gesellschaftliche Realität ab". "Diese Szene führt vor Augen, wie verletzend und verstörend Alltagsrassismus ist und will diese existierenden Missstände klar aufzeigen."

Und auch klar ist: Der Dialog müsse im Gesamtzusammenhang der Serie betrachtet werden. Da wird die Figur "durch die Verwendung des N-Worts charakterisiert", die Figur sei klar angelegt: Der Leiter des Polizeireviers, Voigt, sei "ein deutlicher Gegenspieler zum ermittelnden Paar" und keine Figur, die Sympathien wecke. Das wird durchaus deutlich. "Dies haben wir klar in der Anlage der Figur und in ihren Aktionen für die Zuschauenden erkennbar angelegt", so der MDR weiter in der Antwort.

Allerdings fällt auf, dass der Kommissar, der sich das "Gesocks-Gerede" anhört, überhaupt nicht reagiert. Das hätte man eventuell als produzierender Sender eleganter lösen können.

Der Ex-"Polizeiruf 110"-Schauspieler Lucas Gregorowicz spielt mit im "Lauchhammer-Krimi".
Der Ex-"Polizeiruf 110"-Schauspieler Lucas Gregorowicz spielt mit im "Lauchhammer-Krimi".  © MDR/Moovie/Steffen Junghans

TV-Tipp: Die Ausstrahlung auf ARTE ist bereits ab 8. September geplant und macht die Serie auch einem französischen Publikum zugänglich. Hier ab dem 1. September in der Mediathek. In der ARD werden die vier Teile ab dem 28. September um 20.15 Uhr gezeigt.

Titelfoto: MDR/Moovie/Steffen Junghans

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