Weil "Tatort"-Pastor in seinem Wohnwagen verbrennt, macht Kommissar Rolle rückwärts
Hamburg - Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring, 57) verschlägt es ins Kloster. Dort sucht er vor allem Ruhe und Ablenkung, denn der Tod seiner Kollegin Julia Grosz (Franziska Weisz, 44) verfolgt ihn bis in seine Träume. Er leidet, verarbeitet - und wird dann durch unerwartete Ermittlungen abgelenkt.
Im neuen Sonntagskrimi "Tatort: Schweigen", den das Erste am morgigen Sonntag um 20.15 Uhr zeigt, pflückt Falke in einem Kloster in der Eifel in blauer Arbeits-Einheitskleidung Äpfel, geht beten und lebt mit Retreat-Teilnehmer Daniel (Florian Lukas, 51) in einem kargen Zwei-Bett-Zimmer in der Klosteranlage.
Doch dann verbrennt der Pastor bei einem Feuer in seinem Wohnwagen im Klosterhof. Falke wirft sich seine Lederjacke wieder über und ermittelt.
Lohnt sich das Einschalten? Absolut!
Die neue "Tatort"-Folge dreht sich um Kindesmissbrauch in der Kirche, geht geradeaus und schnörkellos mit diesem großen und erschütternden Thema um.
Das tut er nicht dadurch, dass er das Grauen zeigt. Sondern dadurch, dass er die Reaktionen der Menschen darauf zeigt.
Hamburger Kloster-"Tatort" hallt nach
Oft sind das nur minimale Veränderungen der Gesichtszüge. Die Kamera hält drauf und lässt sie einfach wirken. Das ist großes Kino - auch dank der überzeugenden Schauspiel-Riege.
Besonders intensiv nutzt Regisseur Lars Kraume (51) dieses Stilmittel, als Falke die in einem versteckten Zimmer des Priesters gefundenen Foto-Negative mit kinderpornografischen Inhalten auswertet.
Dia um Dia kämpft sich der sichtlich mitgenommene, zunehmend erschütterte und angewiderte Falke durch die Beweise - bis er auf einem der Fotos seinen neu gewonnenen Freund Daniel zu erkennen meint. Doch die Fälle sind alle verjährt. Als die Polizisten plötzlich herausfinden, dass der neueste Missbrauchsfall erst wenige Tage her ist, bekommen die Ermittlungen einen neuen Drive.
Der "Tatort" hallt nach, beschäftigt. Aus verschiedenen Perspektiven wird gezeigt, was Missbrauch mit Opfern, Angehörigen, Mitwissern und Tätern machen kann. Dabei bleibt der Sonntagskrimi klischeefrei, er bauscht nicht auf und zeigt, was ist. Die Kirche als Institution werde nicht angegangen, so Möhring.
"Sondern wir thematisieren ihre schlimmsten Auswüchse, den Missbrauch von Macht, das System von Vertuschen und Verheimlichen und das fatale Schweigegelübde, das noch heute über dem Gesetz steht."