"Tatort": Häftling stirbt hinter Gittern, Mord-Aufklärung gestaltet sich schwierig
München - Das Gefängnis ist eine Welt für sich - mit eigenen Gesetzen und eigenen Hierarchien. Als Leitmayr und Batic zu einem Mord an einem Häftling - der in der allseits gefürchteten Dusche starb - gerufen werden, treffen sie auf viel Widerstand. Niemand scheint an einer Aufklärung interessiert zu sein - nicht einmal der Gefängnisdirekor.
"Machen Sie sich keine Hoffnung, den Fall zu lösen", erklärt der Leiter der Justizvollzugsanstalt, als sich die beiden Ermittler in der Knast-Bibliothek häuslich einrichten, um die Befragungen vor Ort durchzuführen.
Und auch die Gefangenen selbst machen es Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl, 65) und Ivo Batic (Miroslav Nemec, 69) schwer. Niemand will im "Tatort: Das Wunderkind", der am heutigen Sonntag im Ersten zu sehen ist, reden. Keiner soll verraten werden - selbst, wenn es der Feind ist.
Denn in der JVA stehen sich zwei rivalisierende Banden gegenüber. Es geht um Drogengeschäfte, Korruption und Macht.
"Kurzzeitgedächtnis scheint hier eine Krankheit zu sein", kommentiert Batic genervt die mangelnde Kooperationsbereitschaft. Die Verbissenheit seines Kollegen Leitmayr führt die beiden schließlich zu dem Insassen Dieter Scholz (Carlo Ljubek, 47), der nach fünf Jahren kurz vor der Entlassung steht und sich auf die Wiedervereinigung mit seinem musikalisch hochbegabten Sohn freut.
Als Scholz unter Verdacht gerät, befürchten die Ermittler auch das Schlimmste für den kleinen Ferdinand (Phileas Heyblom).
Lohnt sich das Einschalten?
Ja! Auch wenn der 94. Krimi aus München mit seinen vielen Handlungssträngen etwas vollgepackt wirkt, ist er doch hochemotional - nicht nur für die Protagonisten, sondern auch für die Zuschauer.
So geht Leitmayr die Situation mit Scholz und seinem Sohn mächtig an die Nieren, weil es ihn schmerzlichst an seine eigene Kindheit erinnert. Und auch Ferdinand befindet sich auf einer Achterbahn der Gefühle, will am liebsten bei seinen Pflegeeltern bleiben.
Dieser kindliche Wunsch löst beim Zuschauer wiederum Mitleid mit dem freigelassenen Scholz aus, der nach Abbüßen seiner Strafe doch ein Recht auf Resozialisierung hat.
Besonders eindrucksvoll ist zudem, dass der Krimi tatsächlich hinter den Mauern der Justizvollzugsanstalt in Landshut gedreht wurde. Ein immens hoher Aufwand! Doch so konnten nicht nur die Beamten mal hinter die Kulissen der "glitzernden Filmwelt blicken", sondern auch das Filmteam selbst erhielt "ein realistisches Bild, frei von Vorurteilen", wie JVA-Leiter Andreas Stoiber erklärt.
Schade nur, dass die Tage der guten Krimis aus München mit Wachveitl und Nemec schon bald gezählt sind. Denn nach ihrem 100. Fall verlassen die Hauptdarsteller die bayrische Hauptstadt.
Titelfoto: BR/Sappralot Productions GmbH/Hendrik Heiden