MeToo-Tatort: "Königin" für Bolzenschuss-Attacke verantwortlich?
München - Es war die Geburtstunde der "MeToo"-Debatte: Der Sex-Skandal um Hollywood-Mogul Harvey Weinstein (71) machte vor sechs Jahren weltweit Schlagzeilen. Der neue "Tatort" aus München (Sonntag, 20.15 Uhr, Das Erste) erzählt eine ähnliche Geschichte - verlagert sie aber von der Traumfabrik in ein etwas weniger glamouröses Umfeld.
In der Welt der Spargel-, Weißwurst- und Zwiebelköniginnen ist Josef Gehrling (Wolfgang Fierek, 72) eine Art Mini-Weinstein. Seine Macht als Präsident des Bavaria-Bundes nutzt er aus, um sich an jungen Frauen, die Lebensmittel-Majestät werden wollen, zu vergehen.
Als der Lüstling sich dann nach der Attacke mit einem Bolzenschussgerät auf der Intensivstation befindet, sind sie alle verdächtig: War es die Weißwurst-Monarchin? Die Spargel-Queen? Oder doch die Herrscherin über die Zwiebel? Und was ist eigentlich mit der weitgehend empathiebefreiten Organisatorin des "Königinnen-Tages" (Veronica Ferres, 58)?
Für die Kommissare Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl, 65) und Ivo Batic (Miroslav Nemec, 69) ist ihr 93. Fall auch ein vermintes Terrain: Verhalten sie sich als alte, weiße Männer zwischen unzähligen jungen Frauen denn auch "woke" genug?
Ersterer weiß nicht so recht, wie er die Aichacher Spargelkönigin (Phenix Kühnert, 27) ansprechen soll, weil sie eine Trans-Frau ist. Der frisch beförderte Kalli (Ferdinand Hofer, 30) dagegen weidet sich regelrecht im Königinnen-Gewirr, sammelt fleißig Fotos und Handynummern. Aber darf er das überhaupt? Als Polizeibeamter im Dienst?
"Tatort: Königinnen" aus München: Lohnt sich das Einschalten?
Durchaus. "Tatort: Königinnen" stellt wichtige Fragen und hat - so humorvoll und ironisierend er auch streckenweise daherkommt - eine deutliche Haltung.
"Die 'MeToo'-Debatte ist und bleibt unfassbar wichtig. Deshalb ist es gut, dass der 'Tatort' das Thema aufgreift", findet Veronica Ferres, "Es hat sich nämlich aufseiten der Männer immer noch nicht genug getan."
Für Miroslav Nemec hat sich durch die Debatte allerdings schon etwas geändert - aber nicht nur zum Vorteil:
"Es ist eine gewisse Verunsicherung eingetreten. Sicherlich ist zum Schutz Betroffener Vorteilhaftes passiert, aber die Verunsicherung ist inzwischen so groß, dass man jetzt bei jeder Kleinigkeit anfängt, sofort einen Hashtag dahinter zu vermuten."
Titelfoto: BR/Odeon Fiction/Luis Zeno