Jung, weiblich, rechts: Wie wird der Göttingen-"Tatort"?
In dem Tatort mit dem Titel "National feminin", der um 20.15 Uhr im Ersten läuft, ermittelt Lindholm wegen eines Mordes im Umfeld von rechtsradikalen Studierenden, die einem altertümlichen Frauenbild anhängen.
Menschen, welche die blonde deutsche Mutter (oder Mutter in spe) von angeblich sexwütigen Migranten bedroht sehen, deren Zuzug gestoppt werden müsse.
Zu Beginn der Folge wird die Jura-Studentin Marie Jäger (Emilia Schüle, 27) mit aufgeschlitzter Kehle im Göttinger Stadtwald gefunden.
Jäger war rechte Bloggerin sowie studentische Hilfskraft - und Geliebte der konservativen, mit einer Frau verheirateten Juraprofessorin Sophie Behrens (Jenny Schily, 52), die Verfassungsrichterin in Karlsruhe werden soll.
Nach dem Drehbuch von Florian Oeller (Idee: Daniela Baumgärtl) präsentiert der Film von Franziska Buch dann Maries nationalistisch gesinnte WG-Clique: drei verbissene Jungakademiker mit leeren Gesichtern.
Der Polizei verweigern sie die Zusammenarbeit, weil sie ihr unterstellen, den wahren Täter gar nicht finden zu wollen.
Überzeugt dieser Tatort?
Ein Gegengewicht dazu bildet die Annäherung der Kommissarinnen Lindholm und Schmitz. Die Tage von mitunter doch recht anstrengenden Zickereien der beiden Alpha-Frauen sind damit offenbar gezählt.
Lohnt sich das Einschalten?
Definitiv. In gewohnter "Tatort"-Manier verknüpft Regisseurin Franziska Buch einen Kriminalfall mit einem aktuellen, gesellschaftlich brisanten Thema. In dem Fall: die Neue Rechte und der Versuch, rechtsextreme Positionen salonfähig zu machen.
Glücklicherweise gelingt es Buch meist, nicht allzu tief in die Klischee-Kiste zu greifen. Einzig die oberlehrerhaft wirkenden Ansprachen von Kommissarin Lindholm stören ein wenig.
Was "National Feminin" zu einem der besseren Sonntagabendkrimis der letzten Wochen macht, ist aber der spannend inszenierte Fall an sich und das überaus rasche Erzähltempo.
Von der Langatmigkeit vergangener "Tatort"-Episoden (Hust - "Die Guten und die Bösen" - Hust), die sich bestenfalls als Einschlafhilfen eigneten, fehlt jede Spur. Und so bleibt der Göttingen-"Tatort" bis zum Schluss unterhaltsam.
Besonders überzeugend: das Ende des Films, bei dem aufzeigt wird, wie im heutigen postfaktischen Zeitalter Informationen innerhalb von Filterblasen im Netz so umgedeutet werden, dass sie ins eigene Weltbild passen.
Titelfoto: NDR/Frizzi Kurkhaus