Deswegen dachte Jens Riewa, dass der Westen die DDR mit Chemiewaffen angreift
Hamburg - Fast hätte Mister "Tagesschau" geschossen. Lange vor seiner Zeit als Chefsprecher diente der in Lübben (Spreewald) geborene Jens Riewa (60) in der Nationalen Volksarmee (NVA).
Über die damaligen Erlebnisse sprach der 60-Jährige jetzt mit Michel Abdollahi (43) in der aktuellen Folge "Käpt'ns Dinner".
Traditionell lautet die erste Frage der Sendung: "Hast du gedient?" Und Riewa antwortet schlagfertig: "Länger als du in deiner Fantasieuniform."
Nach dem Abitur habe es für junge Männer in der DDR nur zwei Optionen gegeben. Entweder anderthalb Jahre Wehrdienst oder für drei Jahre zur Armee gehen, um einen guten Studienplatz zu bekommen, so der 60-Jährige. Er wollte studieren und habe daher das notwendige Übel gewählt.
Die ein halbes Jahr dauernde Grundausbildung leistete Riewa in Sachsen ab. "Da wurdest du so richtig geschliffen. Das war für viele die absolut grenzwertigste Zeit." Viele haben aufgegeben.
Der jetzt in Hamburg lebende Moderator erinnert sich, dass es "Gehirnwäsche pur" war. Es gab alles vom militärischen Training über die Sturmbahn bis zum politischen Unterricht.
Jens Riewa sieht Lichter am Himmel
"Du warst voll auf Linie." Ob es bei ihm funktioniert hat, wollte Abdollahi von seinem Gast wissen. Der erinnert sich an einen besonderen Vorfall.
In der Zeit seiner Grundausbildung gab es ein sehr seltenes Wetterphänomen. Am Nachthimmel waren Polarlichter zu sehen, was in diesen Breiten extrem selten ist. "Zu sehen waren rosarote und grüne Lichtgebilde am Himmel", sagte Riewa.
Damals war er 19 Jahre alt und hatte Wachdienst, dabei trug er eine scharfe Maschinenpistole.
"Ich war so auf Krieg gedrillt, dass ich gesagt habe, jetzt greift uns der Westen mit einem chemischen Mittel an. So verblendet war ich in dem Moment. Ich hätte alles mit der Maschinenpistole umgenietet, was auch nur nach Soldat ausgesehen hätte."
Zum Glück kam es nicht so, daher kann Mister "Tagesschau" heute über seine damaligen Gedanken lachen.
Titelfoto: NDR/Marc Huth