Hass-Brief nach Coming-out: Schwuler Handballer soll "in Umerziehungs-Lager und bitte sterben"

Leipzig - Als erster aktiver Profisportler in Deutschland hat sich Lucas Krzikalla (29) im Herbst 2022 zu seiner Homosexualität bekannt. Ein Schritt, mit dem er auch Kollegen zu diesem Schritt ermutigen will. Zu überwiegend positiven Rückmeldungen gesellten sich aber auch einige wenige verletzende.

Lucas Krzikalla (29) von Handball-Bundesligist SC DHfK Leipzig ist der erste deutsche Profisportler, der sein Coming-out während seiner aktiven Karriere hatte.
Lucas Krzikalla (29) von Handball-Bundesligist SC DHfK Leipzig ist der erste deutsche Profisportler, der sein Coming-out während seiner aktiven Karriere hatte.  © Picture Point/Gabor Krieg

"Ich habe den Mut gefunden und will anderen Mut machen. Mein Coming-out war für mich eine Befreiung, und ich hoffe, dass es mir andere schwule Sportler nachmachen", sagt der Rechtsaußen des Handball-Bundesligisten SC DHfK Leipzig in der Sky-Sendung "Meine Geschichte - Das Leben von Lucas Krzikalla".

Seine innere Zerrissenheit war vor diesem Schritt allerdings "enorm. Wenn ich zum Handball bin, habe ich mir einen Panzer aufgestellt, wollte möglichst männlich sein, dass da keine Zweifel aufkommen. Und auf der anderen Seite hab ich mich gefragt: Wieso machst du das, muss das jetzt wirklich sein? Erfüllt das mein Leben, wenn ich mir mit dem Handball eine Scheinwelt aufbaue?"

Als er es später Team und Geschäftsstelle erzählte und das Thema zur Normalität wurde, sah Krzikalla keinen Grund mehr, seine Sexualität auch nach außen zu verheimlichen.

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Vielmehr: "Ich wollte mit dem Vorurteil aufbrechen, dass es ein Tabuthema ist." Heute sagt der 29-Jährige: "Mich hat es befreit und es war der absolut richtige Schritt."

Glücklicherweise gab es fast ausschließlich positive Resonanz für sein Coming-out. Vereinzelte Beleidigungen ("kann ich an zwei Händen abzählen") waren allerdings auch dabei. Und sogar ein Hass-Brief an die Geschäftsstelle mit einem Foto und dem Hinweis, er solle in ein Umerziehungslager gehen und bitte sterben, wie er Moderator Riccardo Basile (31) erzählt.

Lucas Krzikalla über Philipp Lahms Buch: "Ich wusste, wir sind wieder zehn Jahre zurück"

Krzikallas Kumpel Alen Milosevic (33, r.), der im Sommer 2022 seine Karriere beendete, war ihm eine wichtige Stütze.
Krzikallas Kumpel Alen Milosevic (33, r.), der im Sommer 2022 seine Karriere beendete, war ihm eine wichtige Stütze.  © Picture Point/Gabor Krieg

(Negative) Auswirkungen auf seinen Beruf hatte Krzikallas Schritt nicht. Weder in der heimischen noch in gegnerischen Hallen habe er Beleidigungen mitbekommen. Auswärtsfans seien sogar auf ihn zugekommen und hätten ihm ihren Respekt ausgesprochen.

"Die Gedanken, die ich mir vorher gemacht habe, hätte ich mir gar nicht machen müssen", weiß der 29-Jährige heute.

Vor seinem Coming-out nahm Lucas Krzikalla zudem Kontakt zu anderen aktiven Profisportlern im Ausland wie dem Basketballer Marco Lehmann auf, der sich als erster Mannschaftssportler in der Schweiz geoutet hat. "Solche Vorbilder haben es mir einfacher gemacht und mir geholfen."

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Auch von mindestens fünf anderen schwulen Handballern aus der deutschen 1. und 2. Bundesliga weiß der Leipziger. Dass diese nicht auch "seinen" Weg gehen "ärgert mich nicht direkt, weil es jeder für sich entscheiden soll, weil es so ein persönliches Thema ist". Dennoch hoffe er sehr, dass sich auch andere Profisportler öffentlich zu ihrer Sexualität bekennen.

Dass Ex-Fußballer Philipp Lahm (39) in seinem Buch Profisportlern genau davon abrät, findet Krzikalla "schwierig und schade. Als ich das gelesen habe, wusste ich, wir sind wieder zehn Jahre zurück."

Coming-out als Profisportler: "Das war ein Versteckspiel, worauf ich überhaupt keine Lust mehr hatte"

Der Rechtsaußen wurde unter anderem mit 99 verwandelten Siebenmetern Top-Torschütze seines Vereins in der Saison 2021/22.
Der Rechtsaußen wurde unter anderem mit 99 verwandelten Siebenmetern Top-Torschütze seines Vereins in der Saison 2021/22.  © Picture Point/Gabor Krieg

Und auch über die Anfänge seiner bewussten Homosexualität sprach der Top-Torschütze des SC DHfK Leipzig der vergangenen Saison.

"Ich habe alles heruntergefahren, damit ich keinen Anschein zeige, dass ich schwul sein könnte, war mit einem Mädchen zusammen, wo aber sexuell schon gar nichts mehr lief, weil es nicht mehr ging. Das war für sie nicht so schön, aber ich wusste manchmal nicht weiter."

Mit Anfang 20 akzeptierte er seine Neigung und ging acht Jahre später gemeinsam mit seinem Partner Chris an die Öffentlichkeit. "Mit ihm hab ich es das erste Mal genossen, mich zu zeigen. Es hat sich eine Beziehung aufgebaut, wo ich mir dachte, wieso versteckst du ihn eigentlich?!"

Vorher hatte er sich nicht mit ihm vor der Arena geküsst, war dafür vielmehr "irgendwo hingelaufen", wo sie nicht gesehen werden. "Das war ein Versteckspiel, worauf ich überhaupt keine Lust mehr hatte."

Unterm Strich steht für Krzikalla fest: "Viele sind toleranter als man denkt - ob im Team oder der Öffentlichkeit."

Titelfoto: Picture Point/Gabor Krieg

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