Wenn das Jobcenter bei Bürgergeld-Empfängern an der Tür klopft: "Wir können nichts machen"

Berlin - Wenn es nach Friedrich Merz (69, CDU) und seiner Partei ginge, ist das reformierte Bürgergeld bald Geschichte. Die RTL-Sendung "stern TV" begleitete Kontrolleure eines Berliner Jobcenters bei ihren Hausbesuchen.

Steffen Hallaschka (53) moderiert "stern TV".  © RTL/Stefan Gregorowius

Die Arbeitsvermittler in Tempelhof-Schöneberg sind unterwegs. Ihr Ziel: Bei denjenigen eine Stippvisite machen, die sich ewig nicht bei der Behörde melden, nicht zu Terminen erscheinen - trotz Leistungsbezug.

Ihre erste Station ist ein 31-Jähriger, der noch bei seinen Eltern lebt und seit sechs Jahren den Kontakt mit dem Amt vermeidet. Vor Ort treffen sie aber nur die Mutter des Mannes, die kaum Deutsch spricht und ihnen die Handynummer des Bruders des Langzeitarbeitslosen gibt.

Im Hausflur sprechen die Kontrolleure mit einem Nachbarn, der berichtet: "Er ist bei einem Bekannten, weil es ihm wegen der Umstände selber nicht gut geht."

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Mitarbeiterin Silke Pusakowski ist ratlos: "Solange wir kein medizinisches Gutachten vom Amtsarzt haben und nicht wissen, ob das fingiert ist, können wir nichts machen." Sanktionen müsse der Arbeitslose demnach vorerst nicht befürchten.

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"Dann machst du deine Augen auf und zehn Jahre sind weg"

Wer Bürgergeld bezieht, soll eng mit dem Jobcenter zusammenarbeiten. (Symbolbild)  © Jens Kalaene/dpa/dpa-tmn

Ihre Route führt als Nächstes zu einem Bürgergeldempfänger aus dem Libanon, der dort nach eigenem Bekunden Ingenieurwissenschaften studiert habe. Ein "Wunderkind", wie er sagt, sei er gewesen. Und erfolgreich.

Der Mann lebt mit einer Bekannten in einer WG, hat keine anerkannte Berufsausbildung. Zuletzt habe er 2015 als Küchenaushilfe in einem Imbiss gearbeitet. Seine Akte: mehrere Termine beim Amt geschwänzt, Maßnahmen abgebrochen.

Der 58-Jährige gibt vor, nichts von versäumten Einladungen zu wissen: "Ich habe schriftlich auf alle Briefe geantwortet." Den Mitarbeitern bleibt nichts anderes übrig, als ihm ins Gewissen zu reden. Er soll sich wieder bei seiner Sachbearbeiterin melden. Später wird der Mann den Grund für sein Abrutschen nennen: "Schnaps und Alkohol. Dann machst du deine Augen auf und zehn Jahre sind weg."

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Aus Überforderung mit der Situation trinke er: "Manchmal vergesse ich meinen Namen in dieser Krisenzeit. Mein Leben war normal, jetzt schäme ich mich." Bei ihm kommen die Arbeitsvermittler an ihre Grenzen. Pusakowski sagt: "Ich fand das Gespräch beklemmend, weil er nicht sieht, welche Schwierigkeiten er hat, aus der Situation wieder herauszukommen."

Nach Angaben der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit waren im Januar 2024 rund 216.000 Menschen in Berlin arbeitslos gemeldet.

Sendung verpasst? Kein Problem. "Wenn bei Bürgergeldempfängern plötzlich das Jobcenter vor der Tür steht. Unterwegs mit Kontrolleuren der Arbeitsagentur Berlin" ist im Stream bei RTL+ verfügbar.

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