Rechtsmediziner erinnert sich noch genau an seinen ersten Toten

Leipzig - Er half, den Fall des "Dark-Room-Killers" aufzudecken und sprach im Prozess gegen den "Kannibalen von Pankow": Prof. Michael Tsokos (58) gilt als Deutschlands berühmtester Rechtsmediziner. Zu Gast im "Riverboat" sprach er über einige seiner bekanntesten Fälle - und den ersten Toten, den er je sah.

Rechtsmediziner Prof. Michael Tsokos (58) war am Freitag zu Gast im "Riverboat".
Rechtsmediziner Prof. Michael Tsokos (58) war am Freitag zu Gast im "Riverboat".  © IMAGO / STAR-MEDIA

So handelt sein neues Buch, "Der zweite Verdächtige" vom bereits erwähnten "Dark-Room-Killer", der vor einigen Jahren in Berlin für Aufsehen sorgte. Der Mörder hatte seine Opfer dabei jedes Mal mit Liquid Ecstasy in Dark-Rooms umgebracht.

Tsokos hatte die Opfer damals seziert. Das besondere: Zu diesem Zeitpunkt war noch nicht einmal klar, dass es Tötungsopfer waren. "Erst Wochen später kam bei der toxikologischen Untersuchung raus, dass sie vergiftet worden waren", erinnert er sich.

Serienmörder Dirk P. konnte schließlich gefasst werden. Während des Prozesses sprach Michael Tsokos als Sachverständiger vor Gericht und half so, ihn zu verurteilen.

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Eine Viertelmillion Leichen habe der Rechtsmediziner nach eigenen Angaben bereits gesehen. "Die Zahl wird immer hinterfragt, aber ich war nach dem Tsunami (2004, Anm. d. Red.) in Thailand und da lagen wirklich in den Tempelanlagen Zehntausende von Toten, die wir untersucht haben."

Seinen ersten Toten sah er bereits mit elf Jahren

Der 58-Jährige versucht, immer eine Distanz zu den Schicksalen der Toten zu wahren.
Der 58-Jährige versucht, immer eine Distanz zu den Schicksalen der Toten zu wahren.  © Annette Riedl/dpa

An seinen ersten Toten kann er sich trotzdem noch genau erinnern, denn wie Michael Tsokos verrät, war der noch ein Kind, als er diesen sah.

"1978 war eine Schneekatastrophe in Schleswig-Holstein, da fiel auch vier Wochen lang die Schule aus und das Vieh ist auf den Höfen gestorben. Der Schnee lag meterhoch, wir haben uns da wirklich durchgegraben", erinnert er sich an die Zeit.

Als Tsokos in dieser Zeit einmal mit seiner Mutter auf der Straße unterwegs war, sei plötzlich ein Mann vor ihnen umgefallen. "Er fasste sich noch an die Brust und war tot. Meine Mutter hat als Ärztin noch versucht, ihn zu reanimieren, aber das war dann der erste Tote, den ich gesehen habe. Mit elf Jahren."

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An seiner Mutter habe er damals schon das objektive Verhalten gesehen, dass auch er heute in seinem Beruf anwendet. "Sie hat dann gesagt: 'Er ist tot, ihm können wir nicht mehr helfen.' Diese Distanz muss ich ja heute auch haben bei meinen Fällen."

Sein Job habe ihm jedoch auch beigebracht, das Leben zu schätzen. "Ich liebe das Leben. Das habe ich in meinem Beruf gelernt, dass jede Sekunde kostbar ist, vor allem, wenn man sie mit der Familie verbringt."

Die aktuelle Folge "Riverboat" gibt es als Video-on-Demand in der ARD-Mediathek.

Titelfoto: IMAGO / STAR-MEDIA

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