Dschungel-Vize Pierre vom gefeierten DDR-Star zum Aussätzigen: "Bin seit der Wende eine Hautfarbe"
Leipzig - Vor drei Wochen aß er im Dschungelcamp noch Krokodil-Hoden, Kamelfuß und pürierte Kuh-Vagina. Schon während dieser Ausnahmesituation wurde Pierre Sanoussi-Bliss (62) nicht müde, auf Rassismus in der deutschen Filmbranche aufmerksam zu machen. Im MDR-"Riverboat" gibt er nun Bedenkliches preis.

Der erste Schritt zurück zur Sichtbarkeit im Fernsehen ist gemacht und doch hat sich nicht viel für den einstigen "Der Alte"-Star geändert.
Zwar zeigen die öffentlich-rechtlichen Sender mittlerweile großes Interesse an dem 62-Jährigen, doch film- und fernsehtechnisch sei weiterhin tote Hose.
Der Grund dafür ist für Pierre naheliegend: "Wir (damit meint er alte schwarze Männer) sind nicht sichtbar, uns gibt es aber zu Tausenden in diesem Land."
Während sich in der Werbeindustrie bereits einiges in Richtung Vielfältigkeit getan habe, scheine es filmtechnisch eher rückwärts zu laufen. Denn zu DDR-Zeiten stellte es noch nicht annähernd ein so großes Problem dar, dass er schwarz ist.
"Ich bin wirklich erst seit der Wende eine Hautfarbe", bedauert der Zuschauerliebling.
MDR-"Riverboat": Ausgrenzung aufgrund der Hautfarbe ist sein stetiger Begleiter

Auf Kim Fishers (55) Frage, was sich denn ändern müsse, antwortet Pierre - wie man ihn kennt - geradeheraus. "Ich möchte, dass da Leute auf mich kommen, ohne dass ich ihnen vorher mit dem nackten A*sch ins Gesicht springen muss."
Dabei ist dem Dschungel-Zweitplatzierten wichtig, zu erwähnen, dass nicht die Zuschauer das Problem darstellen. Die Filmemacher seien schuld.
So wird er immer wieder mit Ausgrenzung aufgrund seiner Hautfarbe konfrontiert. Es fallen höchst kritische Sätze wie: "Wir hätten dich schon gern genommen, aber wir haben schon einen."
Ein Schwarzer ist also genug für eine deutsche Fernsehproduktion? Ob man dies verallgemeinern kann, sei mal dahingestellt.
Doch Pierres Missmut basiert nicht nur auf persönlichen Erfahrungen, sondern auf Fakten, beteuert er im Riverboat.
Pierre Sanoussi-Bliss: "Entwickeln uns zurück"
"Wir entwickeln uns gerade zurück, wie zu einem 50er-Jahre-Heimatfilm, habe ich das Gefühl." Man merkt, der Ärger ist tief verwurzelt, noch tiefer steckt bei dem 62-Jährigen wohl nur die Enttäuschung darüber, dass er in seinem Leben wohl keine tiefgreifende Veränderung mehr erfahren wird.
"Solange mir nicht um 20 Uhr bei der Tagesschau eine schwarze Sprecherin oder ein schwarzer Sprecher mal guten Abend wünscht, solange hat es dieses Land nicht geschafft", beendet er sein Gespräch.
Neben Pierre Sanoussi-Bliss hat die aktuelle Folge des "Riverboat" gleich mehrere Hochkaräter zu bieten. Die komplette Sendung findet Ihr in der Mediathek.
Titelfoto: IMAGO / STAR-MEDIA