"Reschke Fernsehen" deckt auf: Gefälschte Hitler-Tagebücher leugnen den Holocaust!

Hamburg - Nach der Affäre um Ex-Bild-Chef Julian Reichelt (42) widmet sich "Reschke Fernsehen" diesmal Adolf Hitler (†56). Besser gesagt seinen vermeintlich echten Tagebüchern, die der "Stern" 1983 veröffentlichte. Zum ersten Mal nach 40 Jahren gibt die ARD-Sendung Einblicke in die neonazistischen Abgründe, die hinter Fälscher Konrad Kujau (†62) stehen. Dieser war dann leider doch nicht das "lustige Kerlchen", der nach dem Skandal von TV-Sendung zu TV-Sendung hüpfte, sondern Leugner des Holocaust.

Anja Reschke (50) im Studio ihrer neuen Sendung "Reschke Fernsehen"
Anja Reschke (50) im Studio ihrer neuen Sendung "Reschke Fernsehen"  © NDR/Thorsten Jander

"Hitler bringt Quote", sagte Moderatorin Anja Reschke (50) direkt am Anfang der Sendung. Wenn man in der Redaktion nicht mehr weiter wisse, bringe man einfach etwas über den Mann, den wirklich jeder kennt. In diesem besonderen Fall wissen Reschke und ihr Team aber mal ausnahmsweise MEHR als alle anderen. Nach 40 Jahren ist es ihnen gelungen, die gefälschten "Hitler-Tagebücher" von 1983 zum ersten Mal vollständig auszuwerten.

Zwar liegen die Originale immer noch im Archiv vom "Stern", angeblich um "Missbrauch zu verhindern", doch gebe es laut Reschke "andere Quellen". Mithilfe von Kopien und einer lernenden Software gelang es, die teils unlesbaren Passagen lesbar und vor allem recherchierbar zu machen.

Und dabei wird zum ersten Mal deutlich, dass der "Stern" ohne jegliche Art von Faktencheck bereit war, die NS-Geschichte zu verharmlosen. Fälscher Konrad Kujau dachte sich nämlich nicht nur allerhand Wehwehchen für Hitler aus – allein 77 Mal litt der "arme Mann" an Magenproblemen –, oder schrieb von seiner rührenden Liebe zu Ehefrau Eva Braun (†33), nein, ganz nebenbei leugnete er den Holocaust. Allein das Wort kommt kein einziges Mal in den Büchern vor.

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Dafür Passagen wie: "Erwarte die Meldungen der Konferenz über die Judenfrage. Wir müssen unbedingt einen Platz im Osten finden, wo sich diese Juden selbst ernähren können." Datum des Eintrags: 20. Januar 1942. Ausgerechnet der Tag der Wannsee-Konferenz, bei der die Deportation der gesamten jüdischen Bevölkerung Europas zur Vernichtung organisiert und geplant wurde.

Sätze wie "Nun sehe ich das ich mit den Juden viel zu human umgegangen bin" prägen die 60 Bücher. Was beim Lesen schier unglaublich scheint, war für die damaligen "Stern"-Redakteure rund um Reporter Gerd Heidemann (91) wohl kein Problem.

Hitler sollte als positive Heldenfigur dargestellt werden

Politikwissenschaftler Prof. Hajo Funke von der FU Berlin war Teil des wissenschaftlichen Beirats für die NDR-Recherche.
Politikwissenschaftler Prof. Hajo Funke von der FU Berlin war Teil des wissenschaftlichen Beirats für die NDR-Recherche.  © Bernd von Jutrczenka/dpa

Auch hat sich anscheinend niemand die Mühe gemacht, Kujaus Hintergründe mal näher zu beleuchten. Dann wäre den Verantwortlichen vielleicht sein neonazistisches Umfeld aufgefallen. Laut NDR-Recherche hatte Kujau bis in die frühen 80er-Jahre hinein Kontakte zum Umfeld des Neonazi-Führers Michael Kühnen, der Leiter der später verbotenen Aktionsfront Nationaler Aktivisten (ANS) war.

Dessen Pressesprecher Lothar Zaulich war es auch, der Kujau beibrachte, wie einfach es war, historische Dokumente zu fälschen. Darunter auch Hitlers-Unterschrift, die Kujau derart perfektionierte, dass er sogar privat teilweise mit "Adolf Hitler" unterschrieb. Der Grundstein für die Tagebücher.

Doch warum das alles? "Diese Tagebücher sind Ausdruck von Holocaustleugnung. Das ist eindeutig. Sie wollten Hitler von den schlimmsten Verbrechen der Nazis freisprechen", sagte Politikwissenschaftler Prof. Hajo Funke von der FU Berlin in "Reschke Fernsehen".

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"Kujau erfindet hier eine positive Hitlerfigur", ergänzte Historikerin Heike Görtemaker. Beide waren Teil des wissenschaftlichen Beirats für die NDR-Recherche.

Wer sich selbst ein Bild von den "Hitler-Tagebüchern" machen will, kann diese ab sofort ediert, kommentiert und historisch eingeordnet auf NDR.de lesen.

Titelfoto: NDR/Thorsten Jander

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