Berlin - Mit der Dokumentation "Let's Talk About Porn" schlägt der Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) ungewöhnlich offenherzige, ja sogar stellenweise explizite Töne an, denn der Titel ist Programm.
Die dreiteilige Reihe von Regisseurin Julia Krampe erzählt aus weiblicher Sicht und klärt ohne falsche Scham über die Pornowelt auf. Im Mittelpunkt steht die Berlinerin Jolee Love (35) - einer der aktuell erfolgreichsten deutschen Stars in einer Branche, die weiterhin boomt.
"Pornoseiten spielen in der obersten Liga der meistbesuchten Websites der Welt. Die sind auf einer Ebene mit Seiten wie Amazon, eBay, PayPal oder Netflix", sagt Tech-Journalist Sebastian Meineck (32).
Das liegt wohl daran, dass viele Menschen schon einmal Pornos geschaut haben - laut eigenen Angaben 96 Prozent der Männer und 79 Prozent der Frauen zwischen 18 und 75 Jahren. Und die Deutschen zählen dabei zu den aktivsten Konsumenten der Welt, allerdings liegt die moralische Akzeptanz bei lediglich 38 Prozent.
Love gibt in der Doku überraschende Einblicke in ihr Leben. Sie ist ein Kind der Hauptstadt, hat ihr Fach-Abi und eine Ausbildung zur Physiotherapeutin gemacht und sechs Jahre mit schwerbehinderten Kindern gearbeitet, bevor sie einen vollkommen anderen Lebens- und Berufsweg eingeschlagen hat.
Pornodarstellerin Jolee Love erklärt Reiz von OnlyFans und Co.
Mit der Webcam hat alles für sie angefangen, wie für viele andere Frauen, die heute in Eigenregie ihren Content in den eigenen vier Wänden produzieren. Und auch Covid-19 hatte seinen Anteil an dem Erfolg.
Dank der Corona-Pandemie seien OnlyFans und Co. förmlich explodiert und nehmen mittlerweile ein großes Marktsegment ein, erklärt die Erotik-Darstellerin. OF verzeichnete innerhalb von zwei Jahren eine Steigerung von 510 Prozent und die Umsätze sind 2022 auf 5,6 Milliarden US-Dollar geklettert.
User von Portalen wie OnlyFans oder BestFans wollen keine Hochglanzpornografie, "sondern das, was so realistisch wie möglich an das Private herankommt", erklärt Jolee den Reiz der Bezahlplattformen.
Die bieten auch den Darstellerinnen einigermaßen faire Bedingungen und beanspruchen "nur" 20 Prozent der Umsätze für sich, wohingegen Livecam-Portale teilweise 50 bis 75 Prozent der Einnahmen fordern.
Hanna Secret: Krankenkasse stuft mich "mit einem Piloten-Gehalt" ein
Die Frauen bestimmen dank der Webcam selbst, welche Inhalte sie wann online stellen und kassieren einen wesentlichen Teil der Einnahmen. Allerdings ist das regelmäßige Posting von neuem Content das A und O bei dieser Arbeit, gibt die 35-Jährige zu bedenken.
Dass man als Webcam-Girl offenbar auch ein gutes Auskommen hat, gibt Hanna Secret (28) preis: "Wenn man meine Krankenkasse fragen würde, wie sie mich einstuft, vergleicht sie es halt mit einem Piloten-Gehalt", gab die Pornodarstellerin offenherzig zu.
In der Dokumentationen geben auch andere Expertinnen Einblicke in die Branche, wie Deutschlands berühmteste Nacktschnecke Micaela Schäfer (42), die Ex-Darstellerin Shaiden Rogue (23), Produzentin Paulita Pappel (36) und viele weitere.
Die dreiteilige Serie, die auch einen Blick auf die Historie der Pornografie in Deutschland wirft, ist seit dem 30. November 2024 in der ARD Mediathek abrufbar.