Oury Jalloh (†36) in Polizeizelle verbrannt: "Glaubwürdig, dass er kein Feuerzeug mehr am Mann hatte"

Dessau - Ein an Händen und Füßen gefesselter Mensch, der in einer Polizeizelle verbrennt - wie kann das sein? Diese Frage stellt sich auch weiterhin knapp 20 Jahre nach dem Feuertod von Oury Jalloh (†36). Bei ARD "Crime Time" wird der Skandalfall wieder aufgerollt, dabei kommen auch Freunde, Juristen und erstmals ein leitender Beamter des Polizeireviers Dessau zu Wort.

In sechs Episoden stellt ARD "Crime Time" die Frage: Warum verbrannte Oury Jalloh?  © WDR Westdeutscher Rundfunk

Die erste Folge der sechsteiligen Serie rekonstruiert die letzten Stunden des 7. Januars 2005 - den Todestag des aus Sierra Leone geflüchteten Mannes. Am Abend des Vortages ging er mit einem Freund aus. "Oury Jalloh war in guter Stimmung an dem Tag", erzählt sein Begleiter Nouhan Cherif.

Doch was geschah danach? "Oury Jalloh kam am frühen Morgen und wollte zu seiner damaligen Freundin gehen, er beabsichtigte, sie anzurufen, er hatte auch ein Telefon dabei, aber wohl kein Guthaben mehr, und da gab es vier Frauen, sogenannte Ein-Euro-Jobberinnen, die da zu tun hatten", berichtet Felix Isensee, Anwalt der Nebenklage.

Diese vier Frauen arbeiteten zu dem Zeitpunkt für die Stadtreinigung in der Turmstraße - und alarmierten die Polizei. Laut Vernehmungsprotokoll sei Oury Jalloh geschwankt, habe nach einem Handy gefragt, und nach dem Rucksack einer Frau gegriffen. "Die Frauen sahen sich da bedrängt, waren in Not und riefen den Notruf", so Hanno Schulz, der damals stellvertretende Revierleiter.

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Vor Ort habe Oury Jalloh den alarmierten Beamten seine Papiere zeigen sollen und nicht reagiert - gegen eine anschließende Durchsuchung habe er sich zur Wehr gesetzt. "Zu zweit legten sie Oury Jalloh, der sich wehrte, Handschellen an und schubsten ihn in den Polizeiwagen - ein glatter Verstoß gegen das Polizeirecht in Sachsen-Anhalt", erklärt Jerzy Montag, Sonderberater des Landtags Sachsen-Anhalt.

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Hier wurde der Brand in der Polizeizelle im Jahr 2008 nachgestellt.  © Jens Wolf dpa/lah

Stellvertretender Revierleiter äußerte sich zum Fall Oury Jalloh

Hanno Schulz war im Jahr 2005 stellvertretender Revierleiter des Polizeireviers Dessau.  © WDR/LOOKSfilm

Auf dem Revier sei Oury Jalloh dann durchsucht worden. "Also ich habe gesehen, was alles bei der Durchsuchung aus den Taschen abgenommen wurde [...], von daher halte ich es für glaubwürdig, dass er ordnungsgemäß durchsucht wurde und dass er zu dem Zeitpunkt kein Feuerzeug mehr am Mann hatte", erinnert sich der stellvertretende Revierleiter.

Oury Jalloh wurde in Gewahrsam genommen - wegen zwei abgeschabter Stellen auf seiner Duldung sei als Grund eine Identitätsfeststellung angegeben worden, schildert Sonderberater Montag.

Ein Arzt, der Oury Jalloh wegen eines anderen Falls bereits kannte, nahm ihm Blut ab. "Es fand sich in diesem Arztraum an dem Tisch, an dem die Durchsuchung von Oury Jalloh gewesen ist, also an dem Tischbein, eine Blutspur", so Nebenklage-Anwalt Isensee. Laut Vernehmungsprotokoll soll Oury Jalloh mit seinem Kopf gegen die Platte geschlagen haben. Insensee: "Es ist durchaus denkbar, dass der Kopf möglicherweise schon Richtung Tisch gegangen ist, aber nicht, weil Oury Jalloh das wollte, sondern möglicherweise durch Dritteinwirkung."

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"Der Arzt hat bescheinigt, dass Jalloh hafttauglich ist", so der stellvertretende Revierleiter Schulz. Oury Jalloh wurde in die Gewahrsamszelle getragen, in der er starb.

Die komplette Episode und alle weiteren Folgen der ARD Crime-Time-Serie könnt Ihr in der Mediathek streamen.

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