Netflix "Ratched": Skrupellose Krankenschwester quält Patienten in Psychiatrie bis zum Tod

Deutschland - Psychoterror vom Feinsten! In der Netflix-Show "Ratched" stellt Serien-Urgestein Ryan Murphy mal wieder sein Gespür für menschliche Abgründe unter Beweis.

Dr. Hanover (l., Jon Jon Briones) und Betsy Bucket (r., Judy Davis) sind sich nicht immer grün.
Dr. Hanover (l., Jon Jon Briones) und Betsy Bucket (r., Judy Davis) sind sich nicht immer grün.  © Saeed Adyani/Netflix

Kalifornien 1947: Lazarett-Krankenschwester Mildred Ratched (Sarah Paulson) heuert nach Ende des Zweiten Weltkrieges in der renommierten psychiatrischen Anstalt "Lucia State Hospital" an.

Der Klinikleiter Dr. Hanover (Jon Jon Briones) sieht sich selbst als fortschrittlicher Wissenschaftler und führt an seinen Patienten neuartige, zum Teil brutale Experimente durch, von denen er sich zukunftsweisende Ergebnisse erhofft.

Neben Lobotomien, bei denen den Patienten der Schädel aufgeschnitten wird, finden auch sogenannte Hydrotherapien statt. 

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Dabei wird der zu Behandelnde mit heißem Wasser jenseits der 50 Grad übergossen.

Nebenbei frönt er seiner geheimen Opium-Sucht, um einen Fehler aus seiner Vergangenheit, der ihn noch immer belastet, zu verdrängen.

Mildred zeigt sich aufgeschlossen gegenüber Dr. Hanovers Experimenten und strebt nach dem Posten der Oberschwester. Doch dafür muss sie an ihrer Konkurrentin Betsy Bucket (Judy Davis) vorbei, die ihr immer wieder versucht, Steine in den Weg zu legen.

Für weiteren Ärger sorgt der neue Patient Edmund Tolleson (Finn Wittrock), der zuvor vier Priester brutal ermordet hat - und dessen Schuldfähigkeit nun festgestellt werden soll.

Deutscher Trailer zu Netflix' "Ratched" mit Sarah Paulson

In "Ratched" liefern sich Sarah Paulson und Judy Davis einen unterhaltsamen Schlagabtausch

Edmund Tolleson (M., Finn Wittrock) hat vier Priester brutal ermordet. Nun droht ihm der elektrische Stuhl.
Edmund Tolleson (M., Finn Wittrock) hat vier Priester brutal ermordet. Nun droht ihm der elektrische Stuhl.  © Saeed Adyani/Netflix

TV-Tausendsassa Murphy wagt sich nach seiner Erfolgsserie "American Horror Story" wieder in die Gefilde des Horrors. Doch diesmal ließen sich der Produzent und sein Kollege Evan Romansky von einer äußert erfolgreichen Vorlage inspirieren. 

"Ratched" basiert auf dem Buch "Einer flog über das Kuckucksnest" von Ken Kesey und dessen später adaptierten und oscargekrönten Verfilmung mit Jack Nicholson. Viel mehr als die titelgebende Protagonistin Mildred Ratched haben es allerdings nicht in die Serienadaption geschafft.

Und diese hat zu Beginn der Handlung auch nicht allzu viel mit dem Original zu tun. Zwar wird Mildred Ratched von Anfang an als äußerst skrupellos und intrigant gezeigt. Gleichzeitig zeigt sie allerdings ein ums andere Mal auch Mitgefühl für ihre Patienten. 

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Für Paulson, die bereits in einigen von Murphys Serien ("American Horror Story", "American Crime Story") mitspielte, ist die Rolle ein absoluter Glückstreffer.

Diese kann dank der Vielschichtigkeit ihres Charakters ihre schauspielerischen Fähigkeiten bestens unter Beweis stellen, ist mal warmherzig und dann wieder eiskalt. Gerade der Konflikt zwischen Mildred und ihrer Widersacherin Betsy entwickelt sich zum unterhaltsamen Schlagabtausch auf Augenhöhe, etwa wenn sich die beiden Krankenschwestern um einen Pfirsich streiten.

"Ratched" überzeugt mit Hochglanz-Optik, hat aber einige Logiklöcher

Mildred Ratched (r., Sarah Paulson) zeigt sich aufgeschlossen gegenüber Dr. Hanovers fragwürdigen Behandlungsmethoden.
Mildred Ratched (r., Sarah Paulson) zeigt sich aufgeschlossen gegenüber Dr. Hanovers fragwürdigen Behandlungsmethoden.  © Netflix/dpa

Ähnlich wie bei "American Horror Story" gilt auch für "Ratched": Man sollte die Serie auf keinen Fall zu ernst nehmen, sonst nimmt man sich schnell den Spaß daran. 

Während die Handlung bisweilen das eine oder andere Logikloch offenbart, weiß die Geschichte vor allem durch die skurrilen, teils aberwitzigen Charaktere und ein gutes Maß an Horror- und Schockeffekten zu überzeugen.

Die durchgestylte Hochglanz-Optik der Serie ist dabei ein wahrer Augenschmaus. Murphy beweist abermals sein Gespür für Ästhetik, denn in "Ratched" sind nicht nur Mildreds Retro-Kostüme von Kopf bis Fuß aufeinander abgestimmt. 

Knallige Farben, ungewöhnliche Kameraperspektiven und die wiederkehrenden Verweise auf Filmklassiker wie Alfred Hitchcocks "Vertigo" sorgen für eine außergewöhnliche Atmosphäre. Die Liebe zum Detail ist der Netflix-Show in jeder Sekunde ihrer acht Folgen anzusehen. Das stellt schon der Vorspann unter Beweis.

Auch wenn Murphys Werk sich hin und wieder bemüht, politisch zu sein, etwa wenn auf die furchtbaren Zustände in psychiatrischen Anstalten nach dem Zweiten Weltkrieg Bezug genommen wird, ist die Handlung durch und durch realitätsfern. Das ist allerdings gar nicht weiter schlimm, solange man nicht mit dieser Erwartung herangeht. 

Dann ist "Ratched" eine äußert kurzweilige Serie, der besonders Fans von Horrorfilmen und Psychothrillern eine Chance geben sollten.

Titelfoto: Netflix/dpa

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