Mutter von ermordeter Peggy (†9) unter Druck gesetzt: "Susi, du musst, na komm!"

Lichtenberg - Der Fall Peggy Knobloch war und ist auch nach 20 Jahren einer der größten und mysteriösesten Kriminalfälle der deutschen Geschichte, der nie aufgeklärt wurde. Es gab eine zunächst ergebnislose Suche, sich widersprechende Hinweise aus der Bevölkerung und mehrere Verdächtige - darunter auch ihre Mutter Susanne.

Strahlend blaue Augen, schulterlanges blondes Haar: So wird Peggy, die heute 29 Jahre wäre, in Erinnerung bleiben.
Strahlend blaue Augen, schulterlanges blondes Haar: So wird Peggy, die heute 29 Jahre wäre, in Erinnerung bleiben.  © Marcus Führer/dpa

Im Sommer 1998 zog die damals 26 Jahre alte Susanne Knobloch von Halle (Saale) ins bayrische Lichtenberg. Am Marktplatz wohnte sie mit ihren beiden Kindern Peggy und Jasmin sowie ihrem Lebensgefährten in einem Haus.

Am 7. Mai 2001 wird das Familienglück aber zerstört. Schon am Morgen habe Peggy nicht in die Schule gewollt und wurde nach Angaben ihrer Mutter doch dazu gedrängt, erzählt diese in der neuen Doku "Missing Peggy" bei RTL+. Das Letzte, was die Neunjährige ihr sagt, sei "Ich hab dich lieb, Mama" gewesen.

Nach ihrer letzten Schulstunde Kunst hilft Peggy noch beim Aufräumen des Klassenzimmers und macht sich mit ihrer besten Freundin auf den Weg nach Hause.

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Mehrere Zeuginnen sehen das Mädchen, nachdem sie ihre Klassenkameradin daheim abgeliefert hat. Gegen 13.30 Uhr verliert sich am Lichtenberger Henri-Marteau-Platz, nur etwa 50 Meter von ihrem Wohnhaus entfernt, ihre Spur.

Susanne Knobloch kommt am Abend nach ihrer Arbeit nach Hause und bemerkt sofort, dass etwas nicht stimmt. Peggys Schuhe fehlen, der Schulranzen hängt nicht am Haken. "Aber sie hätte ja noch bei Nachbarn sein können", so die 49-Jährige.

Missing Peggy: Ungewöhnliche Frage von Mutter Susanne Knoblauch kommt überraschend

Lichtenberg im oberfränkischen Landkreis Hof.
Lichtenberg im oberfränkischen Landkreis Hof.  © Nicolas Armer/dpa

Doch auch dort ist das Mädchen nicht. Susanne fährt kurz darauf langsam mit dem Auto durch Lichtenberg, klappert Peggys Freundinnen ab. Vergebens.

Auch Krankenhäuser, Gaststätten oder andere Lokale haben keine Infos. Die letzte verbleibende Stelle auf der Liste, die Polizei, weiß auch nichts.

Langsam wird der Mutter klar: Ihrem Kind könnte etwas zugestoßen sein.

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Ihre jüngere Tochter Jasmin habe an dem Abend nicht ins Bett gewollt und sei auf der Couch geblieben, "weil ich erst hochgehen wollte und schlafen, wenn Peggy wieder da ist". Irgendwann fielen ihr aber im Wohnzimmer doch die Augen zu.

Erst am nächsten Morgen beginnt die Polizei mit der Suche. Hundertschaften durchkommen Orte, Wälder und Teiche, Hubschrauber und Fährtenhunde sind im Einsatz.

Susanne Knobloch verblüfft da mit der Frage an die Beamten: "Wenn sie wirklich weggelaufen ist und ihr sie findet: Wer bezahlt diesen Mega-Einsatz?"

Diese durchaus ungewöhnliche Frage einer Mutter, die um das Leben ihres Kindes fürchten muss, passte damals in das Bild. Denn sie wurde beschuldigt, ihren Nachwuchs zu vernachlässigen. Hat sie sogar etwas mit Peggys Verschwinden zu tun?

Missing Peggy: Susanne Knobloch wird auf Pressekonferenz zu Aussagen gedrängt

Susanne Knobloch (r.) gibt ein Statement vor versammelter Presse. Bei einem ersten Termin war sie - verständlicherweise - völlig überfordert.
Susanne Knobloch (r.) gibt ein Statement vor versammelter Presse. Bei einem ersten Termin war sie - verständlicherweise - völlig überfordert.  © IMAGO/R. Wittek

Vier Tage nach dem spurlosen Verschwinden gibt Susanne Knobloch am 11. Mai 2001 eine Pressekonferenz in der örtlichen Turnhalle.

Zahlreiche Medien sind anwesend, etwa 15 Mikrofone fangen ihre Worte ein, Dutzende Kameras ihre Tränen. "Das erschlägt einen. Ich hab noch nie so viel Presse auf einem Haufen gesehen", so die Mutter.

Sie sagt zu ihrem Nebenmann, der das Mikrofon an ihren Mund hält, dass sie keinen Ton rausbekomme.

Doch er drängt die aufgelöste Frau: "Packen wir's? Susi, du musst. Versuchen wir's? Du willst die Peggy haben. Na komm." Mit zittriger Stimme beginnt Susanne den vorgeschriebenen Text abzulesen, bittet um Hinweise.

Auch sie selbst rückt ins Visier. Wieso hat sie "erst" nach zwei Stunden die Polizei eingeschaltet?

Wieso hatte sie am Morgen vor dem Verschwinden rot-verweinte Augen am Arbeitsplatz? Wieso lächelt sie, als sie in der Vernehmung verdächtigt wird?

Das Logo der Doku, die seit Montag bei RTL+ läuft.
Das Logo der Doku, die seit Montag bei RTL+ läuft.  © RTL

Vermisstenfall Peggy Knobloch: Geistig behinderter Ulvi K. wird verurteilt und später freigesprochen

4. Juli 2016: Polizeibeamte durchkämmen ein Waldstück zwischen Rodacherbrunn in Thüringen und dem bayrischen Nordhalben.
4. Juli 2016: Polizeibeamte durchkämmen ein Waldstück zwischen Rodacherbrunn in Thüringen und dem bayrischen Nordhalben.  © Bodo Schackow/dpa

Doch auch Peggys türkischer Stiefvater, der in einem Indizienprozess wegen Mordes verurteilte und nach zehn Jahren Haft wieder freigesprochene geistig behinderte Ulvi K. (44) und letztlich Landwirt Manuel S. galten als mögliche Täter.

Anfang Juli 2016 findet dann ein Pilzsammler in einem Wald nahe des thüringischen Rodacherbrunn an der Grenze zu Bayern einen Kinderschädel. Die Bestätigung folgt schnell: Es sind die sterblichen Überreste von Peggy.

Einige Indizien führen zu Manuel S., dem die Tat aber nicht nachgewiesen werden kann und der 2018 aus der U-Haft entlassen wird.

6400 Spuren, 3600 Vernehmungen und 250 Gutachten später wird der Fall Peggy Knobloch im Oktober 2020 geschlossen. Ohne zu wissen, wer für den Tod des kleinen Mädchens verantwortlich ist.

Ihre jüngere Schwester Jasmin kommt in der Doku auch zu Wort - sie habe das Spiel- sowie das gemeinsame Schlafzimmer seit Peggys Verschwinden nie wieder betreten.

Unter anderem in diesem blauen Müllsack wurden Skelettteile der vermissten Peggy gefunden.
Unter anderem in diesem blauen Müllsack wurden Skelettteile der vermissten Peggy gefunden.  © Daniel Karmann/dpa

Die dreiteilige Doku "Missing Peggy" seht Ihr ab sofort bei RTL+.

Titelfoto: Bildmontage: Marcus Führer/dpa, IMAGO/R. Wittek

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