Leipzig/Bayreuth - Es klingt nach Technik aus der Zukunft: Glas, das nicht oder kaum kaputtgeht. Was sich manch einer kaum vorstellen kann, wurde aber tatsächlich schon in der DDR entwickelt und feiert nun ein Comeback. Die "MDR Umschau" ist der Rückkehr des Superfest-Glases nachgegangen.
Glas ist aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Doch leider ist es auch zerbrechlich, sorgt für Kosten und belastet Ressourcen. Die Gastronomie der DDR kam deshalb sogar in Schwierigkeiten. "Alle paar Tage werden neue Gläser gebraucht. Die Material-Ökonomie ist damit nahezu im Eimer", berichtete in den 80er-Jahren die "Umschau".
Die Lösung: superfestes Glas. Durch ein chemisches Verfahren, das in einem Bad aus geschmolzenem Salz abläuft, wurden die Gläser verfestigt.
Die neuen Supergläser gab es in mehreren Formen und Größen. Hergestellt wurden sie ab 1980 im VEB Sachsenglas Schwepnitz in der Westlausitz. Knapp 120 Millionen Gläser wurden bis zum Produktionsende 1990 hergestellt.
Das Aus für die Superfest-Serie kam mit der Wende. Ein Glas, das nicht kaputtgeht, war für die Glas-Industrie in der Marktwirtschaft kein gutes Geschäft. Das Unternehmen wurde schließlich im Jahr 2000 aufgelöst.
Steve Köhler: "Wir wollen möglichst nachhaltig sein und dann sollte die Flasche auch länger halten"
Inzwischen hat sich die Wahrnehmung jedoch verändert. Waren früher die Ressourcen knapp, geht es heute darum, sie zu schonen. "Produkte, die länger halten, haben für uns heute wieder einen größeren Wert", sagt Prof. Thorsten Gerdes von der Uni Bayreuth.
Gerdes leitet das Keylab Glastechnologie der Uni, das aktuell zusammen mit dem Berliner Start-up Soulproducts sowie der Firma Füller Glastechnologie das Härtungsverfahren weiterentwickelt. Bis zu 36 Stunden mussten die Gläser früher behandelt werden. Dieser Prozess wurde inzwischen auf drei bis vier Minuten verkürzt, so Gerdes. "Damit sind wir in einem Bereich, wo es auch für den Anlagenbauer interessant ist, Anlagen zu entwickeln, die schließlich auch massentaugliche Produkte herstellen können."
Das Unternehmen Füller will eine derartige Anlage demnächst an den Start bringen. Währenddessen geht Soulproducts, das auf die Entwicklung, Produktion und Vermarktung von Trinkflaschen aus Glas spezialisiert ist, im Frühjahr mit der neuen festen Flasche in den Handel.
"Wir wollen möglichst nachhaltig sein und dann sollte die Flasche auch länger halten, weil das sowohl für uns als auch die Umwelt die bessere Entscheidung ist", so Steve Köhler von dem Unternehmen.
DDR-Verfahren war nie verschwunden
Und nicht nur in Bayreuth wird an dem unkaputtbaren Glas geforscht, sondern auch an der Bergakademie im sächsischen Freiberg. Dr. Martin Groß hat dort ebenfalls das DDR-Verfahren weiterentwickelt und es so beschleunigt. Zusammen mit mehreren Investoren hat er jetzt eine Firma gegründet, die das Verfahren an die Glasindustrie verkaufen möchte.
Auf die alten DDR-Dokumente mussten die Forscher übrigens nicht mehr zurückgreifen, verrät Prof. Gerdes. "Dieses Prinzip, wie man die Festigkeit steigert, das ist nie verschwunden. Dieses Verfahren bildet die Grundlage für unsere gesamte Display-Technologie. Dass unsere Smartphone-Displays heute so bruchsicher sind, das basiert alles auf diesem Verfahren."
Die aktuelle Folge der "MDR Umschau" gibt es als Video-on-Demand in der ARD-Mediathek.