Tempolimit auf deutschen Autobahnen? MDR-Beitrag beleuchtet hochemotionale Debatte
Leipzig - Seit Jahrzehnten wird in Deutschland über das Tempolimit auf Autobahnen diskutiert. Der MDR-Beitrag "Rasen ohne Limit?" beschäftigt sich mit der Frage, warum diese Debatte stets von so starken Emotionen begleitet wird.
"Du machst den Motor an und weißt: Jetzt bist du in deinen eigenen vier Wänden und kannst machen, was du willst", erklärt die Autotunerin Antonia in der Sendung im Gespräch mit Reporterin Rike. "Du hast halt ein absolut freies Gefühl."
Diese Rhetorik rund um das "freie Gefühl" beim Rasen auf deutschen Autobahnen kommt nicht von ungefähr: Slogans wie "Freie Fahrt für freie Bürger" sind seit Jahrzehnten sowohl in der Politik als auch Autoindustrie üblich. Zumindest in Westdeutschland.
Während es in der DDR nämlich ein Tempolimit von 100 km/h auf den Autobahnen gab, galt im Westen: volle Fahrt voraus. Das resultierte im Jahr 1970 unter anderem in rund 20.000 Verkehrstoten und daraufhin in einer Gurtpflicht und Geschwindigkeits-Einschränkungen.
Das Tempolimit in der DDR wurde im "freien" Westen trotzdem weiterhin belächelt und als "spezifisch sozialistischer" Eingriff des Staates wahrgenommen. Die Diskussion, nach der Wiedervereinigung ein gesamtdeutsches Limit zu etablieren, wird abgeschmettert. Das Resultat: In den 90ern verdreifacht sich die Zahl der tödlichen Unfälle in den neuen Bundesländern.
Seit einigen Jahren geht die Zahl der Verkehrstoten inzwischen immer weiter zurück. Dennoch argumentieren Experten vor allem in Hinblick auf erhöhte Sicherheit, einen gleichmäßigeren Verkehrsfluss und einen geringeren Co2-Verbrauch für das Tempolimit auf deutschen Autobahnen. Wie in dem Beitrag dargelegt wird, fahren Dreiviertel aller Autofahrer ohnehin kaum schneller als 130 km/h. Dennoch gibt es vehemente Tempolimit-Gegner.
MDR-Beitrag: Noch immer hitzige Diskussionen rund um Tempolimit
Laut dem Verkehrspsychologen Stefan Brandenburg spielt das bereits erwähnte "Freiheitsgefühl" nicht bei allen Rasern eine Rolle, viel mehr gehe es auch um das Abbauen von angestauten Emotionen und dem Austesten der eigenen Grenzen und Leistungen. Meistert man "die Aufgabe der Infrastruktur", steigert das eigene Selbstwertgefühl.
Doch gibt es ein Recht aufs Rasen? Zwar ist das Fahren ohne Tempolimit nicht im Grundgesetz verankert, es gibt aber das Recht auf allgemeine Handlungsfreiheit. Ein mögliches Limit würde dieses Grundrecht zwar einschränken, aber nicht verletzen.
"Aus meiner Sicht ist dieser Freiheitsbegriff ein bisschen zu einfach gedacht", erklärt der Professor für Staatstheorie in dem Beitrag. "Er betrachtet nur das Individuum und nicht seine Einbettung in die Gemeinschaft. Wir leben in einer Gemeinschaft von 80 Millionen Menschen, und da ist es eben nicht möglich, dass jeder völlig frei ist immer das zu tun, worauf er grade Lust hat."
Viel mehr sollte man seine eigenen Gewohnheiten, wie das Rasen auf den Autobahnen, beginnen zu hinterfragen. Nach Meinung von Experten wird sich in den kommenden Jahren aufgrund der vermehrten automatisierten Fahrzeuge ohnehin ein "natürlicher Prozess" des langsameren Fahrens einstellen.
Die Sendung "Rasen ohne Limit" der Reihe "Past Forward" ist ab sofort in der ARD-Mediathek abrufbar.
Titelfoto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa