Grow-Shops, Pflanzensets und Vereine zum Kiffen: Meinungen zur Legalisierung polarisieren noch immer
Leipzig, Erfurt - Seit Montag ist in Deutschland nicht nur der Konsum von Cannabis legal, sondern auch der private Anbau allein oder im Verein. Während sich einige schon seit Monaten auf die Legalisierung gefreut haben, machen sich andere große Sorgen. Über die geteilten Meinungen berichtete die MDR-Sendung "Exakt".
"Alkohol, Süßigkeiten und Kippen in der Quengel-Zone in jedem Supermarkt nebeneinander, passt in ihre Welt. Auf dem Oktoberfest jedes Jahr Flohzirkus und Kotz-Hügel anschauen", argumentierte Ates Gürpinar (39, Die Linke) für die Legalisierung.
"Aber Cannabis bringt unsere Kinder um. Es ist so dermaßen daneben, so dermaßen unehrlich, so dermaßen falsch."
Mit einer anständigen Prävention könne man, dem Bundestagsabgeordneten zufolge, Kinder schützen und mit einer anständigen Legalisierung die Erwachsenen vor dem "Dreck" bewahren, der auf den Straßen kursiert.
Doch sahen bei Weitem nicht alle Politiker und Abgeordneten das Vorhaben so positiv. Trotz all der Widerstände bewilligte der Deutsche Bundesrat das Gesetz und machte ab dem 1. April nicht nur Kiffen, sondern auch das Anbauen von Marihuana-Pflanzen in bestimmten Mengen legal.
So können Erwachsenen ab sofort bis zu drei Pflanzen anbauen und ganze 50 Gramm Marihuana oder Cannabis bei sich tragen.
Und sogar das Gründen von Vereinen und damit einhergehend das gemeinsame Anbauen wird mit dem Gesetz genehmigt.
"Cannabis-Social-Club" und "Grow-Shop"
Wie ein solcher Verein aussehen kann, zeigt der "Cannabis-Social-Club Erfurt", kurz CSC Erfurt e.V.
Weil sie finden, dass auch Erwachsene in ihrer Freizeit legal kiffen dürfen sollten, entschieden sich die Erfurter für die Gründung, berichtete "Exakt".
Um ihr Projekt auf die Beine zu bringen, steuerten sie jeweils auch selbst etwas Startkapital bei.
"Das ist im Bereich 5000 Euro, die jetzt schon fest verbaut sind", erklärte Hermann Klatt, Vereinsvorsitzender.
"Dann werden nochmal 70.000 Euro in die Halle reingesteckt und in die Anbau-Räume."
Das Geld würden sie mit einer Teilnahmegebühr von 20 Euro von den ungefähr 500 Leuten, die an dem Verein teilhaben können, refinanzieren wollen.
Und nicht nur die Erfurter sehen in der Legalisierung eine lukrative Möglichkeit. Auch der Magdeburger Rapper "Plusmacher" habe zusammen mit Teilhaber "Botanikker" nicht lange gezögert und sich drauf und dran gemacht, so schnell wie möglich einen "Grow-Shop" in Berlin aufzumachen.
Nun erhält man bei "Farmbros" alles, was man für das Großziehen von ertragreichen Pflanzen benötigt.
Der Sendung "Exakt" präsentierte der Geschäftsmann eines seiner Produkte, eine Art Gewächshaus samt LED-Lampe, Abluftsystem und Belüftung, das Platz für die drei erlaubten Pflänzchen biete.
Kaufen könne man derartiges Equipment ab 1000 Euro aufwärts.
Die Legalisierung von Cannabis - Ostersegen oder schlechter Aprilscherz?
Darüber, ob man mit der Legalisierung neue Möglichkeiten schafft oder die Bevölkerung ins Verderben schickt, ist man sich aber noch immer uneins.
Als einen der schärfsten Kritiker des neuen Gesetzes stellte "Exakt" den sächsischen Innenminister Armin Schuster (62, CDU) vor.
Er sei noch immer der Meinung, dass Kiffen verfolgt und bestraft gehöre.
"Wir machen mal zusammen in fünf Jahren einen Schnitt und gucken uns mal an, wer am Ende recht hatte und ob dieser zugegebenermaßen ansteigende Cannabis-Konsum nicht eine sehr moderate Situation war im Vergleich zu dem, was wir demnächst haben werden", sagte er gegenüber dem MDR.
"Ich mache mir jedenfalls größte Sorgen."
"Gekifft wird sowieso": Psychotherapeuten und Psychologen sehen eine Chance
Eine konträre Ansicht vertritt Dr. Bernd Werse, der jahrelang zu dem Thema forschte und derartige Aussagen von "konservativen Politikern" für eine "dreiste Unverschämtheit" halte.
Er kenne genügend Psychotherapeuten, Psychologen und Co., die eine gegenteilige Meinung vertreten und in der Legalisierung unter anderem die Chance sehen, besser an Menschen herantreten zu können, die eventuell ein Problem mit dem Konsum haben, sich aber nicht trauen, darüber zu sprechen.
"Cannabis hat seine Risiken, hat besondere Risiken im Kinder- und Jugendalter. Aber die Konsequenz daraus zu ziehen, also muss es verboten werden, auch für Erwachsene, ist einfach falsch, meiner Meinung nach. Weil gekifft wird sowieso", sagte der Experte.
Egal ob ein Mensch das Recht auf Rausch habe oder nicht, er nehme es sich einfach, so "Exakt".
Wie sich die Legalisierung beispielsweise hinsichtlich des Schwarzmarkts entwickle, gelte es nun abzuwarten. Sicher sei jedoch, dass die einmal erteilte Erlaubnis kaum zurückgenommen werden könne.
Die komplette Folge "Exakt" zum Thema "Kiffen in Deutschland erlaubt: Die Cannabis-Legalisierung" gibt es in der ARD-Mediathek zu sehen.
Titelfoto: Bildmontage: MDR/Hagen Wolf, Christian Charisius/dpa