Tragische Schicksalsschläge oder skrupelloser Mord an drei Säuglingen?
Villmar - Von 2004 bis 2009 ereigneten sich in Villmar, einer Gemeinde in Mittelhessen, drei tragische Fälle von (scheinbar) plötzlichem Kindstod. Das Unglaubliche: Die Vorfälle passierten in einer Familie! War es ein schrecklicher Zufall oder steckte doch mehr dahinter?
ARD-"Crime Time" berichtet in der Doku "Auf den Spuren der drei toten Babys" über den Fall um Natalja und Vladimir M. aus der Mattheiser Straße in Villmar.
Das Ehepaar erwartet 2004 sein erstes Baby - ein Wunschkind. Was sich dann drei Wochen nach der Geburt abspielt, ist unvorstellbar.
Natalja ist alleine zu Hause, als sie feststellt, dass ihre Tochter nicht mehr atmet. Sie ruft den Notarzt, doch für Katharina kommt jede Hilfe zu spät.
Der Fall wird als plötzlicher Kindstod niedergelegt. "Es gab nichts, was uns hätte misstrauisch machen müssen", erklärt der zuständige Rechtsmediziner Professor Reinhard Dettmeyer.
Zwei Jahre vergehen und Familie M. bekommt erneut ein Kind. Daniel wird sechs Wochen alt. Dann stirbt auch er auf unerklärliche Weise.
Laut Dettmeyer habe auch beim zweiten Kind nichts gegen das Phänomen des plötzlichen Kindstodes gesprochen. Es sei zwar unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich.
"Tragisches Familienunglück"? Nach Katharina und Daniel stirbt auch ihr drittes Kind Dennis
"Man ging zu dieser Zeit von einem tragischen Familienunglück in dieser Familie aus", erzählt Kriminalhauptkommissar Rachid Bouarroudj.
Weitere drei Jahre vergehen und das Ehepaar bekommt sein drittes Kind namens Dennis.
Dieses Mal werden besondere Vorsichtsmaßnahmen getroffen. Dennis bekommt unter anderem eine spezielle Matratze, die seine Atmung misst und bei Aussetzern einen Alarm abgibt.
Dennis ist mittlerweile drei Monate alt und laut Kinderarzt kerngesund. Bis zum 25. Juni 2009 scheint alles in Ordnung - es sollte sein letzter Tag sein.
"Der erste Gedanke war schon: 'Das kann nicht sein'", erklärt der Rechtsmediziner.
Diesmal beginnt die Kriminalpolizei umfangreiche Ermittlungen einzuleiten. Natalja und Vladimir seien dabei zu jeder Zeit kooperativ gewesen. "Die haben die Ermittlungen unterstützt, wo es nur ging", so Kriminalhauptkommissar Peter Kräft.
13 Jahre Haft für drei ermordete Kinder?
Nachdem alle medizinischen Ursachen für den Tod ausgeschlossen werden, bittet man die Eltern zum Verhör.
Plötzlich fallen Unstimmigkeiten in der Erklärung der Mutter auf.
Kurz darauf gesteht Natalja, dass sie allen drei Kindern ihr Spucktuch in den Mund gesteckt und gleichzeitig ihre Nase zugehalten habe.
Der Grund dafür könnte unfassbarer nicht sein: "Ohne Schreien lebte es sich besser, man konnte nachts durchschlafen, man hatte keine Verpflichtungen, nachts aufzustehen und Kinder zu füttern", soll sie wortwörtlich so wiedergegeben haben.
In ihrer Antwort auf die Frage, ob sie die Taten bereue, sucht man vergebens nach einem Fünkchen Menschlichkeit: "Nein, dann kriege ich halt ein neues Kind."
Natalja M. wird im März 2012 zu 13 Jahren Haft verurteilt. Eine derartig geringe Strafe akzeptiert Oberstaatsanwalt Dominik Mies nicht. Er geht in Revision - erfolgreich. Und so bekommt die Mutter, die ihre eigenen Kinder umbrachte, in zweiter Instanz das Urteil: lebenslange Haft.
Die komplette Doku seht Ihr in der Mediathek. Darüber hinaus könnt Ihr Euch die Geschichte am heutigen Sonntag um 19.10 Uhr bei "Kripo live - Tätern auf der Spur" im MDR ansehen.
Titelfoto: dpa/Sandra Neuhaus