Schockierende Durchsuchungen und ein toter Verdächtiger: Das Rätsel um vier Wald-Leichen und eine Vermisste
Niedersachsen - Vier Tote im Wald, ein schallisoliertes Geheimzimmer, ein vergrabener Sportwagen und eine einbetonierte Leiche - was nach dem Inhalt eines Horrorfilms klingt, führt zu Kurt-Werner Wichmann nach Norddeutschland. Die MDR-Sendung "Kripo live - Tätern auf der Spur" beleuchtet die sogenannten Göhrde-Morde und das Verschwinden von Birgit Meier.
Im Sommer 1989 erschütterten zwei Doppelmorde und ein Vermisstenfall die Bundesrepublik: Erst wurden im niedersächsischen Waldgebiet Göhrde die Leichen zweier Paare gefunden, dann verschwand die 41-jährige Birgit Meier aus Brietlingen spurlos - bis die Verbrechen aufgeklärt wurden, sollten mehr als 28 Jahre vergehen.
Ein Friedhofsgärtner aus der Nähe von Lüneburg geriet bereits zu Beginn der Ermittlungen in den Fokus: Kurt-Werner Wichmann. Er war vorbestraft und kannte die Vermisste. Aber seine damalige Frau gab ihm ein Alibi.
Im Jahr 1993 führten neue Erkenntnisse dann zu einer Durchsuchung von Wichmanns Haus. Dabei entdeckten die Einsatzkräfte Schockierendes: Einen schallisolierten Geheimraum - ausgestattet mit Elektroschocker, Waffen, Beruhigungs- und Schlaftabletten sowie Handschellen.
"Offenbar eine Örtlichkeit, um dort Menschen, vermutlich Frauen, zu foltern", sagt Ex-Kriminalpolizist Kalle Schlobohm in der aktuellen Folge der MDR-Reportage.
Doch es sollte noch beunruhigender werden: Im Garten vergraben fand die Polizei einen roten Sportwagen. Schlobohm erinnert sich: "Dann hat die Durchsuchung des Fahrzeugs ergeben, dass der Leichenspürhund dort angeschlagen hat. Kein Beweis, aber ein Indiz dafür, dass dort möglicherweise eine tote Person transportiert worden sein könnte, mit diesem Fahrzeug."
Birgit Meiers Leiche wird gefunden
Wichmann war vor der Durchsuchung von der Polizei angerufen worden - und konnte fliehen. Allerdings verhafteten Beamte den damals 43-Jährigen kurz darauf. Am 25. April 1993 nahm er sich in der JVA Heimsheim das Leben.
Jahre vergingen und das Verschwinden von Birgit Meier ließ ihrem Bruder Wolfgang Sielaff keine Ruhe - er selbst war lange Chef des Hamburger LKA. Im Ruhestand rollte er die Ermittlungen mithilfe befreundeter Kriminalisten und Gerichtsmediziner neu auf.
Als an der Medizinischen Hochschule Hannover schließlich Handschellen von Wichmann mit einem Blutstropfen entdeckt und neu untersucht wurden, kam wieder Bewegung in den Fall.
Mathias Fossenberger von der Polizei Lüneburg erklärt in der Kriminal-Sendung: "Mithilfe der neuen Möglichkeiten im Rahmen der Spurensicherung hat man DNA feststellen können und hat festgestellt, dass es sich um DNA von Birgit Meier handelt."
Im Jahr 2017 wurde Wichmanns Haus unter der Leitung des Bruders der Vermissten erneut abgesucht. Ex-Kriminalpolizist Schlobohm weiß: "Der Beton war heller als in anderen Bereichen dieser zubetonierten Grube und dort hat man dann Birgit Meier gefunden."
Weitere Durchsuchung im Jahr 2018
Ein DNA-Abgleich brachte schließlich das Ergebnis: Wichmann ist auch für die Göhrde-Morde verantwortlich.
Ein weiteres Mal untersuchten Ermittler das Haus im Jahr 2018. "Wir wollten ausschließen, dass auf seinem Grundstück mögliche weitere Leichen liegen können", schildert Fossenberger von der Polizei Lüneburg: "Im Rahmen der Suchmaßnahmen wurde auch Frauenbekleidung gefunden, wurde auch Schmuck sichergestellt."
Kriminalpsychologe Adolf Gallwitz analysiert: "Serientäter können in der Bundesrepublik manchmal sicher sein, weil bei uns zwar Mord nie verjährt, aber die Suche nach der Auflösung irgendwann mal versickert oder stecken bleibt und man einfach nicht mehr weitermacht. Und wir haben hier einen Verwandten einer Vermissten, der in hoher Funktion bei der Polizei war und als er dann im Ruhestand war, konnte er noch mal beeinflussen und die Ermittlungen aufnehmen, also es hängt manchmal von Hartnäckigkeit ab."
Bis zuletzt wurde in mehr als 200 Fällen geprüft, ob Wichmann in weitere Morde verwickelt sein könnte.
Was es mit dem sogenannten "Darkroom-Mörder", einer Mordserie mit obdachlosen Opfern und den Motiven der jeweiligen Täter auf sich hat, erfahrt Ihr am heutigen Mittwochabend ab 21.15 Uhr bei "Kripo live - Tätern auf der Spur" im MDR oder schon jetzt in der Mediathek.
Titelfoto: Montage: Polizei/dpa; -/dpa; Michael Behns/dpa