Kofferbombe im Dresdner Hauptbahnhof: Wie ein kleiner Stein zum Täter führte
Leipzig/Dresden/Vogtland - Viele Menschen hätten am 6. Juni 2003 in Dresden sterben können. Nur ein Zufall hat die lebensgefährliche Explosion einer Kofferbombe im Hauptbahnhof verhindert. Die Identität des Täters stellte die Ermittler vor ein Rätsel - bis schließlich ein Stein zu einer Spur ins Vogtland führte. In der aktuellen Folge der MDR-Sendung "Kripo live - Tätern auf der Spur" wird der komplexe Fall beleuchtet.
Die Bahnsteige waren voller Menschen - sie wollten am Freitagabend vor dem Pfingstwochenende des Jahres 2003 noch einen Zug erwischen. Dabei ahnte niemand, welche Gefahr an Gleis 14 lauerte.
Gegen 19 Uhr bemerkte eine Reinigungskraft dort schließlich einen herrenloser Rollkoffer und alarmierte die Polizei, die daraufhin den kompletten Bahnhof räumte.
Und tatsächlich: Drähte ließen einen Sprengsatz vermuten - er wurde mit einem Wasserstrahl beschossen und sollte somit entschärft werden. Es zerfetzte den Koffer, die Einzelteile der mit Zeitzünder gekoppelten Splitterbombe mit Napalm-Gemisch verteilten sich auf dem Bahnsteig.
Die große Hoffnung der Ermittler: Eines der Bestandteile könnte sie zum Täter führen.
Außerdem bekam die für den Fall gegründete SOKO "Bahnhof" einen entscheidenden Hinweis aus Hessen. "Wir haben hier die Erpresserschreiben, die wir von den Kollegen aus Frankfurt bekommen haben. Dort erpresst ein Mann namens Hannipal die Deutsche Bank um Summen in der Größenordnung von 50 Millionen Euro", berichtete Rüdiger Ertle vom sächsischen LKA in einem Interview aus dem Jahr 2009.
Und weiter: "Er bezieht sich in einem dieser Schreiben auf die abgestellte Kofferbombe am Dresdner Hauptbahnhof und eines der Schreiben war auch in Dresden abgestempelt worden, so hatten wir also den Bezug zu unserem Fall in Dresden hergestellt."
Wer ist Hannipal? Die Spur führte ins sächsische Vogtland
Doch was hätte die Kofferbombe im Falle einer Explosion wirklich anrichten können? Um diese Frage zu beantworten, bauten Spezialisten eine Nachbildung.
Entschärfer Andreas Golle erklärte 2009: "Der Täter hat im Prinzip einen Draht verwendet, der etwas zu stark ist. Das heißt, die Kraft des Zeigers hat nicht ausgereicht diesen schweren Draht bis zur 12 zu transportieren. Der blieb 5 vor hängen." Fest steht: Die Detonation hätte tödliche Folgen gehabt.
Zudem wurden die Einzelteile des Originals genau unter die Lupe genommen. Zunächst brachte die Untersuchung die Ermittlungen allerdings nicht voran: Koffer, Schnellkochtopf, Wecker - alles Massenware.
Aber dann analysierten Experten auch die insgesamt sechs Kilogramm Steine, die wie kleine Geschosse durch die Luft fliegen sollten. Es handelte sich fast ausschließlich um künstlich hergestellten Splitt, lediglich ein Stein war ein Naturprodukt - und damit gleichzeitig ein Volltreffer!
Denn diese Steine sind einzig in einem 30-Kilometer-Umkreis im sächsischen Vogtland zu finden. So suchten die Kriminalisten nach entsprechenden Täterprofilen in diesem Radius. Bei einer Person passten allen Kriterien zusammen - Ulrich V. aus Ellefeld.
Was die Ermittler in der Wohnung des Verdächtigen fanden und wie es danach weiterging, erfahrt Ihr am Mittwochabend ab 21.15 Uhr bei "Kripo live - Tätern auf der Spur" im MDR oder schon jetzt in der Mediathek.
Titelfoto: Robert Michael/dpa-Zentralbild/dpa