Ermittler über kaltblütigen Frauenmörder: "So freundlich, der kann es nicht gewesen sein"
Leipzig/Frankfurt - Im Mai 2020 war der bekannte Frankfurter Gastronom Jan M. wegen des heimtückischen Mordes an seiner Kollegin Irina A. zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Bis es dazu kam, musste die Ermittlergruppe ein wahres Netz aus Lügen und vermeintlichen Alibis entwirren - und ihre eigene Menschenkenntnis hinterfragen.
In der letzten Folge von "Kripo Live - Den Tätern auf der Spur" rollten die Ermittler der Frankfurter Kriminalpolizei den Fall noch einmal auf. Nach dem Fund einer von 21 Messerstichen übersäten Frauenleiche im Frankfurter Niddapark im Mai 2018 hatte man schnell den Kult-Gastronomen Jan M. in den engeren Kreis der Tatverdächtigen gebracht.
Der Besitzer mehrere Lokale in der Frankfurter Freßgasse hatte Schulden in Höhe von 200.000 Euro bei seiner Geschäftspartnerin - die er mit ihrem Tod aus dem Weg geräumt hatte. Um sich vor seiner Haftstrafe zu schützen, wartete der heute 55-Jährige mit einigen offensichtlichen Lügen-Geschichten und Alibis auf.
"Nach der ersten Vernehmung hat man auf dem Weg zu seiner Zelle schon gemerkt, dass er sehr aufgeregt war. Wahrscheinlich konnte er gar nicht glauben, dass er jetzt tatsächlich festgenommen wird, wo er sich doch alles so gut zurechtgelegt hatte.
Als er dann die Zellentür gesehen hat, ist sein eloquenter Ausdruck wie ein Kartenhaus zusammengebrochen", erinnert sich einer der Ermittler.
Täter versuchte Verdacht auf neuen Partner des Opfers zu lenken
Noch während er durchsucht wurde, begann der damals 50-Jährige die erste Lügen-Geschichte aufzutischen:
Er gab zu, zur Tatzeit im Niddapark gewesen zu sein und einen etwa 1,90 Meter großen Mann mit Glatze bei der Tat beobachtet zu haben. Dabei spielte er auf den vermeintlich neuen Partner der getöteten Irina A. an, dessen Beschreibung er sich aus Erzählungen zusammengebastelt hatte.
Wie sich später herausstellte, war dieser aber nur etwa 1,70 Meter groß und hatte kurze braune Haare, womit sich diese Variante der Tat erledigt hatte.
Eine weitere Variante ersponn sich der Gastronom nach Auftakt des Prozesses wenige Monate nach der Tat: Demnach war er bereits einige Tage vor der Tat mit dem Fahrrad im Niddapark unterwegs gewesen und sei bei einem Unfall gestürzt. So sei es zu den Blutspuren gekommen, die die Ermittler am Tatort gefunden hatten.
"Den ersten Aussagen der Polizei von vor Ort nach war das Blut des Täters kurz nach dem Leichenfund noch flüssig. Das widerspricht der Annahme, das Blut sei bereits am Tag zuvor durch den Unfall in den Niddapark gekommen", berichtete das Ermittler-Team gegenüber "Kripo Live".
Staatsanwältin: "Konnte verstehen, warum er so einen großen Freundeskreis hatte"
Auch wenn Jan M. sich mit seinen ständig wechselnden Lügengeschichten immer weiter in Unwahrheiten verstrickte, konnte selbst die Justiz nicht so ganz glauben, dass der stets gut gekleidete und höfliche Herr etwas mit einer so grausamen Tat zu tun haben könnte.
"Er war nicht nur bei der Haftvorführung mir gegenüber so freundlich, so jovial - ich konnte schon verstehen, dass er so einen großen Freundeskreis hat. Er hatte so eine einnehmende Art, das man sich dachte: 'Der ist so freundlich, der kann es nicht gewesen sein'", erinnerte sich die damals tätige Staatsanwältin.
Trotzdem wurde Jan M. im Mai 2020 zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt.
Welche Indizien dem Lügner endgültig das Handwerk legten, seht Ihr im gesamten Beitrag von "Kripo Live - Den Tätern auf der Spur" in der MDR-Mediathek.
Titelfoto: Boris Roessler/dpa