"In aller Freundschaft"-Star im Interview: "Denken Sie ans Aufhören, Herr Rühmann?"
Leipzig - Seit 22 Jahren spielt Thomas Rühmann im TV-Dauerbrenner "In aller Freundschaft" den Arzt Dr. Roland Heilmann. Am 11. Mai feiert der Schauspieler seinen 65. Geburtstag. Im Interview erzählt Rühmann, wie es mit der Serie in der Corona-Zeit weitergeht und ob er eigentlich ans Aufhören denkt.
Sie werden mitten in der Corona-Krise 65 - und können keine große Party feiern.
Thomas Rühmann: Ich bin mir nicht sicher, ob ich eine große Party hätte haben wollen. Jetzt gibt es sie auf jeden Fall nicht. Es kommen so viele wie dürfen. Der Maler Neo Rauch wurde letztens 60 und hat gesagt: Es ist doch Corona, ich habe also gar keinen Geburtstag und bleibe 59. Vielleicht mache ich das auch so und bleibe einfach 64. Der Tag ist mir suspekt, so wie mir diese ganze Krise suspekt ist.
"In aller Freundschaft" ist seit März in der Drehpause. Wissen Sie schon, wie es weitergeht?
Thomas Rühmann: Es gibt Pläne, die Dreharbeiten wieder aufzunehmen. Wenn es stattfindet, dann mit höchsten Sicherheitsstandards. Wir drehen mit zwei Meter Abstand, auch bei Liebesszenen. Und die Kamera holt das dann optisch heran. Unter solchen Umständen zu drehen, ist schon sehr sonderbar.
Wird Corona auch Dr. Heilmann und des Team der Sachsenklinik beschäftigen?
Thomas Rühmann: Ich habe es angeregt. Aber ich könnte mir auch vorstellen, dass es nicht so prononciert dargestellt wird.
Sie sind seit 22 Jahren bei "In aller Freundschaft" dabei. Denken Sie mal ans Aufhören?
Thomas Rühmann: Das werde ich immer gefragt, aber eigentlich schon seit dem zweiten Jahr. Ich habe einmal im Jahr die Option zu verlängern. Dann setze ich mich hin, mit einem Tee, und überlege. Es gab noch nie die Situation, dass ich gesagt hätte: Jetzt ist Schluss. Ich bin eher so ein wiederholender Typ. Ich war ja auch lange am Gorki-Theater. Auch das Theater am Rand gibt es jetzt schon 22 Jahre. Ich kann offenbar Serie sehr gut aushalten. Das muss man auch können und wollen.
Lieber Theater oder Fernsehen?
Thomas Rühmann: Das ist etwas, das sich gegenseitig befruchtet. Das Fernsehen ist natürlich stärker Broterwerb. Mit dem Theater kann man kein Geld verdienen, weil nichts übrig bleibt. Aber das Theater ist eine große Kraftquelle. Mir macht "In aller Freundschaft" mindestens genauso viel Spaß wie das Theater. Aber es ist anders. Fernsehen ist handwerklicher, beim Theater geht es um die Seele. "In aller Freundschaft" schafft mir auch die finanzielle Möglichkeit, dem Theater ab und an zu helfen.
"Ich möchte nichts ändern aufgrund der Popularität"
Sie drehen fürs Fernsehen, betreiben ein Theater, machen Musik - ganz schön viel...
Thomas Rühmann: Jetzt ist tatsächlich eine Zeit, in der man auf all das blickt und sich überlegt: "Das hat man alles hingekriegt? Ist es das wirklich wert?" Man überprüft sein Leben in so einer Ruhephase, die man jetzt hat. Eine Lehre der Krise ist für mich: ein bisschen mehr Entschleunigung.
Viele Menschen in der Kulturszene plagen derzeit viele Sorgen und Nöte. Wie geht es Ihnen?
Thomas Rühmann: Ich bin in einer privilegierten Lage. Unsere Gagen laufen weiter, wir wissen, dass die Serie weitergeht. Aber das Theater ist natürlich zu. Es gibt nichts Absurderes als ein Theater, das nicht spielt. Ich habe die vergangenen Wochen genutzt und ein neues Stück fertiggemacht, "Der Wal und das Ende der Welt." Davon habe ich eine Bühnenfassung hergestellt. Ich empfinde das nicht als Arbeit. Es ist ein ganz großes Vergnügen. Ich dampfe diese Romane gewissermaßen ein. Ich könnte mir diese Geschichten nicht ausdenken. Ich bin kein Erfinder, aber ich bin ein Materialumgeher.
Das Fernsehen hat Ihnen zu einer großen Bekanntheit verholfen. Empfinden Sie das als Last?
Thomas Rühmann: Ich habe mich entschieden, dass ich, wenn ich in der Stadt unterwegs bin und auf eine größere Menschenmenge zugehe, nicht auf die andere Straßenseite wechsele. Ich möchte nichts ändern aufgrund der Popularität. Das klappt ganz gut.
Jetzt sind ja eh alle mit Schutzmasken unterwegs.
Thomas Rühmann: (Lacht) Ich werde ja viel erkannt. Aber jetzt noch mehr.
Wo ist Heimat?
Thomas Rühmann: Eindeutig hier in Machern. Auch in Leipzig habe ich lange gelebt. Ich mag diese flache Landschaft. Zwischendrin tauchen immer wieder die Orte auf, wie Inselchen. Dieses Unspektakuläre mag ich sehr.
Sie sind eher ein bodenständiger Mensch?
Thomas Rühmann: Ich bin in einer Großfamilie groß geworden, als Drittältester. Diese Großfamilie hat den Boden bereitet dafür, dass man nicht abhebt. Man lernt einfach: Es macht keinen Sinn, abzuheben.
Titelfoto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa