"Völlig verarmt": Lutherstadt Eisleben zwischen Chancen und Zerfall
Eisleben - Langzeitarbeitslosigkeit, Leerstand und Niedriglöhne: Die Lutherstadt Eisleben im Mansfeld-Südharz steht auf Platz 400 im Zukunftsatlas Deutschland. Die MDR-Reportage "exactly" spricht mit Anwohnern über den Zerfall der historischen Stadt.
Der Landkreis weist seit Jahren das höchste Durchschnittsalter in Deutschland auf. Auch die Arbeitslosigkeit liegt bei 10,2 Prozent gegenüber den bundesweiten sechs Prozent.
In die Quote fallen auch die beiden Eislebener Sandra (35) und Sven (44). Das Paar lebt vom Bürgergeld, welches es vor allem für Drogen ausgibt.
In ihren Augen ist die Lutherstadt "heruntergekommen und völlig verarmt, wie sie". Das Einzige, von dem die beiden in der Stadt profitieren, ist die niedrige Miete.
Auch der 52-jährige Michael lebt seit seiner Kindheit in Eisleben. Der langzeitarbeitslose Alkoholiker hat nach der Schule seine Lehre gestartet und arbeitete im Schacht bei Sangerhausen. Einen Abschluss hat er wegen der Wende jedoch nicht. "Da ist vieles kaputtgegangen", erklärt er.
Der Bergbau dominierte etwa 800 Jahre im Mansfelder Land. Die Schließung der Kupfermiene zur Wende ist bis heute ein wichtiger Grund für den Niedergang der Region.
Keine Möglichkeiten für die Jugend
Auf der anderen Seite stehen Max, Paul und Lukas. Die drei zählen zur jungen Generation der Eislebener und haben sich mit ihrem ersparten Geld eine Lagerhalle gemietet, um an ihren Autos zu schrauben.
Sie sind jung, haben Arbeit und wollen in Eisleben bleiben – eine Seltenheit für die Stadt, die für die Jugend kaum Möglichkeiten bietet.
Auch sie spüren, dass die Jugend in ihrer Heimat zu kurz kommt. Erst vor wenigen Wochen soll eine Diskothek geschlossen haben, andere Jugendeinrichtungen gibt es nicht. "So etwas sollte es mehr geben in der Region", so Schlosser Lukas.
"Die Jugend zieht weg. Wir haben keine Jugend", so Wilfried Riß aus dem Seniorenrat. Ihm fallen in der Stadt vor allem die leeren Ruinen auf, wie das ehemalige Bergarbeiter-Krankenhaus, welches von Investoren gekauft und seit 20 Jahren nicht angerührt wurde. Es sollte ein Seniorensitz werden und Arbeitsplätze schaffen.
Auch Riß sieht für die jungen Menschen in Eisleben keine Zukunft. "Was sollen sie hier? Wo sollen sie arbeiten?"
Die ganze Story um die Lutherstadt Eisleben, ihre Bewohner und Chancen könnt Ihr in der "exactly"-Reportage auf YouTube oder in der MDR-Mediathek sehen.
Titelfoto: Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/dpa