"Hartes Deutschland": Leipziger Junkie bricht Entzug ab, kurz darauf ist er tot
Leipzig - Die RTLZWEI-Sendung "Hartes Deutschland" machte am Donnerstagabend ihrem Namen alle Ehre. Das Kamerateam begleitete erneut Drogenabhängige und Wohnungslose in Leipzig, deren Entkommen aus einem Sumpf aus Crystal Meth, Obdach- und Perspektivlosigkeit aussichtslos erscheint. Am dramatischen Ende trauert eine Frau um ihren abhängigen Mann.
Crystal Meth überflutet seit Jahren den Osten und Südosten Deutschlands. Die oftmals in illegalen tschechischen Drogenküchen gekochte und schnell abhängig machende Substanz ist hier die Droge Nummer eins - auch in Leipzig.
Besonders der Bereich um den hiesigen Hauptbahnhof gilt es Hotspot von Dealern und Konsumenten. 2018 wurden hier über 4,5 Kilogramm Rauschgift sichergestellt.
Einer der Obdachlosen vom Bahnhof ist Benny. Der 30-Jährige ist abhängig von Crystal, seitdem er 16 Jahre alt ist. Er kennt den enormen Gewinn, den man mit dem Verkauf des Methamphetamins machen kann. "Bei den Tschechen kostet das Gramm 12 Euro. Das fährt man rüber und verkauft es hier für 70 oder 80 Euro, wenn es richtig gut ist auch für 90 Euro. Man verdient Tausende Euros", rechnet er vor.
Sein gesamtes Hab und Gut hatte Benny vor kurzem verloren. Wie die meisten anderen Penner vom Bahnhof hauste auch er in den ehemaligen Bahngebäuden und Trafohäuschen. Eine Geliebte habe Schlafsack, Klamotten und Dokumente nach einem One-Night-Stand angezündet.
Ex-Studentin Mariell lebt mit ihrem Freund auf der Straße
Ein weiteres Schicksal trägt auch das Pärchen Mariell (31) und Martin (32) mit sich herum. Während viele Obdachlose nicht einmal einen Schulabschluss haben, ist die 31-Jährige sogar studierte Sozialwissenschaftlerin. Drogen und Alkohol nimmt sie nicht.
Im Gegenteil zu ihrem Partner. Martin ist seit seinem 25. Lebensjahr auf der Straße, ist nach zehn Jahren harten Konsums clean von Crystal, jedoch immer noch Alkoholiker.
Kumpel Jason, den das "Hartes Deutschland"-Team bereits in der Leipzig-Folge vor drei Wochen begleitet hatte, zeigt dem Paar diesmal eine Bleibe im Stadtteil Möckern. In dem leerstehenden Verwaltungsgebäude gefällt es ihnen. "Es ist groß, schön ruhig. 1000 Mal besser als am Bahnhof", so Mariell und Martin.
Conny sorgt sich um ihren drogenabhängigen Partner, kurz darauf stirbt er
Laut Suchtbericht der Stadt Leipzig gibt es eine Etablierung der Droge Crystal Meth in allen sozialen Bereichen der Gesellschaft.
Im Südosten des Zentrums trifft das Kamerateam Conny (46) und ihren Freund Christian (42). Die 46-Jährige ist Mutter von zwei Söhnen, der leibliche Vater starb 2017 an seiner Drogensucht. Sie selbst nimmt keine illegalen Substanzen.
Christian hingegen nimmt seit den 90ern Crystal und Heroin. Beide leben gemeinsam mit Connys Söhnen in einer Wohnung. Der 42-Jährige hat bereits mehrere Therapien abgebrochen, auch in der aktuellen Folge weist er sich selbst in eine Entzugsklinik ins thüringische Mühlhausen ein.
Seit fünf Jahren leben Conny und Christian zusammen. Trotz seiner Abhängigkeit beschreibt sie ihn als "wunderbaren Mensch und Vater. Er hat ganz viele hervorragende Charaktereigenschaften. Die Kinder haben ihn sofort angenommen, er ist wie ein Vater für sie."
Sie hatte gehofft, dass sich alles zum Guten wendet, eine Therapie endlich anschlägt und der 42-Jährige clean wird. "Ich lass ihn auch nicht im Stich." Doch schon nach einigen Tagen bricht Christian seinen offenen Entzug erneut ab, weil die Verantwortlichen glauben, dass er während der Freigänge konsumiert. Zurück in Leipzig erleidet er einen Rückfall, konsumiert wieder Drogen. Das soll ihm zum Verhängnis werden.
Christian bricht zu Hause zusammen und stirbt
Am Ende der 90-minütigen Reportage telefoniert Conny mit Christians älterem Bruder Jörg. Und muss ihm eine schreckliche Nachricht übermitteln.
Zweimal habe sie innerhalb weniger Tage den Notruf wählen müssen, weil es ihrem Partner schlecht ging. Nach dem ersten Mal sei es dem 42-Jährigen besser gegangen. "Und dann war er Mittwochfrüh auf Toilette, kam zurück und seine Atmung war so schnell, er konnte sie nicht mehr regulieren. Dann hab ich wieder den Rettungswagen gerufen."
Im Treppenhaus des Plattenbaus sei er im Beisein der Sanitäter zusammengebrochen und ohnmächtig geworden. "Sie haben ihn in den Rettungswagen gebracht, ich habe noch gehört, wie sie mit ihm geredet haben 'Mach doch ruhig, mein Guter, mach doch ruhig, atme doch ruhig.' Dann war alles still und ich stand eine Stunde vor dem Rettungswagen."
Der Notarzt sei zu ihr gekommen, habe gesagt, dass seine Atmung ausgesetzt hat und er ins Koma gelegt werden musste. "Keine halbe Stunde später habe ich einen Anruf gekriegt von der Intensivstation, dass ich kommen soll. Sie haben mir das [seinen Tod, Anm. d. Red.] nicht gesagt, aber ich hab's gewusst, Jörg, ich hab's gewusst", erzählt Conny in Tränen aufgelöst.
2017 starben in Leipzig fünf Menschen nach Rauschgiftkonsums. 2018 waren es schon zehn. In der Statistik dieses Jahres wird auch Christian aufgeführt werden, "die Liebe meines Lebens", wie ihn Conny beschreibt.
Die zweite Leipzig-Folge von "Hartes Deutschland - Leben im Brennpunkt" (gestern Marktanteil 8,4 Prozent) könnt Ihr Euch in der TVNOW-Mediathek >>>hier anschauen. Am kommenden Donnerstag wird eine dritte Episode aus der Messestadt ab 20.15 Uhr bei RTLZWEI ausgestrahlt.