Leipziger Junkie Enrico war Vize-Europameister im Boxen! Darum rutschte er in den Sumpf
Leipzig - Es sind erschreckende Bilder für Menschen, die mit Drogen kaum oder noch nie in Berührung gekommen sind: Die RTL-ZWEI-Reportage "Hartes Deutschland" schockt die TV-Zuschauer, indem gezeigt wird, wie sich deutsche Junkies Tag für Tag illegale und lebensgefährliche Substanzen zuführen und den Alltag in heruntergekommenen Unterkünften überstehen. In der aktuellen Folge erzählte Enrico (40) aus Leipzig, wie er überhaupt so tief abrutschen konnte.
Vom erfolgreichen Boxer zum arbeitslosen Drogenjunkie: So lässt sich Enricos Werdegang recht schnell beschreiben. Der dreifache Papa stand früher erfolgreich im Ring, gewann mehrere Trophäen. Sein Vater hatte ihn "wegen Disziplin und Kondition" beim Kampfsport angemeldet. Doch in seinem Elternhaus bekam er für seine Erfolge nur wenig Bestätigung.
Der heute 40-Jährige berichtete von seinem größten Triumph, dem Vizemeistertitel im Bantamgewicht, der Gewichtsklasse bis 56 Kilogramm. "Ich bin zu Papa in die Stube gegangen mit dem Riesenpokal, hab gedacht, dass er mir die Welt zu Füßen legt, sagt, dass er stolz auf mich ist oder so."
Doch es kam ganz anders. "Der hat mich von oben bis unten angeguckt, als hätte ich etwas Schlimmes gemacht, hat mir eine geklatscht und gesagt: 'Geh' mir aus den Augen, Versager. Geh' in die Küche, lass dich von der Mutter trösten. Du bist nicht mein Kind, Schande.'"
Der junge Enrico wusste nicht, wie ihm geschieht. "Der Gegner war drei Kilo schwerer, einen Kopf größer und haushoher Favorit. Ich war nur bis Achtelfinale gesetzt, keiner hätte gedacht, dass ich so weit komme." Einer rechnete aber wohl mit mehr.
Mangelnde Anerkennung ließ Enrico abstürzen
In der Familie bekam Enrico wenig Anerkennung, es herrschte Nichtbeachtung. Das kann Jugendliche nachweislich ähnlich seelisch verletzen wie körperliche Gewalt.
An den dreifachen Juniorenmeister habe sich sein Vater "nie rangetraut", sagte der arbeits- und wohnungslose Leipziger. Seinen Bruder habe er aber mal "richtig verkloppt mit einem Rohrstock und mit so einer komischen Peitsche" geschlagen.
Im Schulsportunterricht sollte sein Bruder das Shirt ausziehen, was er verweigerte. Der Lehrer witterte die Zustände im elterlichen Haus und schaltete das Jugendamt ein. "Das war das Ende eigentlich, dann haben sie uns alle rausgeholt dort." Anschließend trennte sich auch Enricos Mutter von ihrem Mann.
Um seine Ängste und Sorgen zu verdrängen, probierte der heute 40-Jährige zunächst Haschisch, dachte sich: "'Oh geil, das ist ja genau mein Ding.' Ich musste an gar nichts Schlimmes denken." Es gesellten sich nach und nach Heroin und die im Osten stark verbreitete Billigdroge Crystal Meth hinzu.
"Crystal nehme ich, damit ich aktiv bin und die Straße überstehe, weil es ja auch anstrengend ist. Und Heroin, das gibt mir, wenn es in die Vene kommt, ein Gefühl von Wärme, Liebe, Geborgenheit. Alles weg auf einmal, man hat keine Gedanken mehr, Depressionen sind weg." Obwohl er sich die Substanzen nie in den Hals spritzen wollte, hat er genau das zuletzt immer häufiger gemacht. Seine Arme lassen dies nach jahrelangem Konsum kaum noch zu.
Das Spritzen in den Hals gilt als besonders gefährlich. Muskeln oder Nervenbahnen könnten getroffen werden, es kann zu Abszessen, Nervenschäden und Entzündungen kommen, die wegen der Nähe zum Gehirn besonders gefährlich sind.
Mit seiner Freundin kämpft er seit knapp fünf Jahren gegen seine Sucht, von der er wegkommen will. "Ich will nicht auf der Straße verrecken an dem Scheißzeug."
Die aktuelle "Hartes Deutschland"-Folge könnt Ihr Euch kostenlos >>>hier noch einmal anschauen.