Dessau-Roßlau - Sie kam nach Deutschland, um in Dessau Architektur zu studieren und verließ das Land in einer Urne. Die grausame Geschichte von Yángjié Lis (†25) Tod und wie die Behörden danach versagten, beleuchtet nun die RTLZWEI-Doku "Hass.Hetze.Hoffnung".
11. Mai 2016 - Johannisstraße
Fast jeden Abend drehte Yángjié ihre Runde im sogenannten Quartier. Doch an diesem Tag sollte sie nicht in ihre Studentenwohnung zurückkehren.
Ihre Hilfsbereitschaft lenkte die 25-Jährige direkt in die Arme ihrer Mörder.
Mit einem fiesen Trick brachte Xenia I. Yángjié dazu, ihr ins Haus zu folgen - bat sie, beim Tragen schwerer Kartons zu helfen.
Die Architekturstudentin konnte nicht wissen, dass hinter der Tür der 20-jährige Sebastian F. wartete, sie überwältigte, in eine Wohnung zerrte und dort gemeinsam mit seiner Freundin vergewaltigte.
All das, während die Kinder der beiden über ihnen spielten. Danach brachte Sebastian F. sie um.
Schludrige Ermittlungen oder Vorsatz?
Sven Peitzner war der Anwalt der Familie. Er kam nicht aus der Stadt - aus gutem Grund. Sie wollten jemand Neutralen an ihrer Seite wissen.
"Die Polizei in Dessau ist in der Vergangenheit immer wieder durch rassistische Ausfälle aufgefallen", erzählt die Berliner Journalistin Vanessa Vu.
Nachdem Yángjiés nackte Leiche öffentlich abgelegt wurde, gingen die Ermittlungen los. Darin involviert: der Polizeichef von Dessau, oder auch Stiefvater des Täters und seine Mutter, die ebenfalls Polizistin ist.
Immer wieder passierten Fehler in den Ermittlungen. So wurde das Tagebuch der Frau vergessen zu beschlagnahmen und Videoaufnahmen aus der Nähe des Ablageortes von der Polizei zwar gesichtet, jedoch nicht sichergestellt.
Darauf zu sehen war unter anderem Sebastian F., der in der Tatnacht ein äußerst komisches Verhalten an den Tag legte.
Verantwortlicher Oberstaatsanwalt stellt Opfer bloß: "Für Yángjiés Unschuld hatte er keinen Satz übrig"
Als dann DNA-Spuren von allen Menschen im Umkreis genommen werden sollten, ging der Täter zur Polizei und gab an, dass diese von ihm und seiner Freundin stammen.
Natürlich wich seine Erzählung von der Realität ab. Demnach habe der "Akt" einen Tag vorher stattgefunden und sei im gegenseitigen Einverständnis gewesen.
Noch heute schüttelt Sven Peitzner den Kopf über das, was als Nächstes geschah.
Denn anstatt die Verstorbene zu schützen, setzte sich der verantwortliche Oberstaatsanwalt in einer Live-Übertragung vor die Kameras und wiederholte mehrfach die Lügengeschichte der Täter.
"Für Yángjiés Unschuld hatte er keinen Satz übrig", schrieb ihr fassungsloser Vater in einem Brief.
"Das ist so ein klassisches Slutshaming (= Verurteilen oder Abwerten von vermeintlichem sexuellen Verhalten, meistens sind Frauen davon betroffen)", kritisiert die Soziologin Ruirui Zhou.
Die Täter wurden 2018 rechtskräftig verurteilt, und in Dessau erinnert ein Rosen-Denkmal an die ermordete Yángjié Li (†25).
Die ergreifende Doku "Hass.Hetze.Hoffnung. - Der Mord an Li Yángjié" könnt Ihr am Dienstag um 20.15 Uhr auf RTLZWEI oder jederzeit bei RTL+ sehen.