Stalker ersticht Ex-Freundin im Treppenhaus: "Hat vor ihrer Tür geschlafen, damit er sie nicht verpasst"
Mannheim - Selin Y. (†33) starb, weil ihr Ex-Freund Oliver M. die Trennung nicht akzeptieren wollte. Wie viel Leid er ihr schon vor dem Mord zufügte und warum die Justiz nicht schon früher eingriff, zeigt die ZDF-True-Crime-Doku "Mörderische Wahrheit".
2016 hatten sich Selin und ihr späterer Killer kennen und lieben gelernt. Sie ist zu diesem Zeitpunkt noch mit ihrem in der Türkei lebenden Mann verheiratet und will sich für Oliver scheiden lassen.
Mit ihrer Tochter aus der früheren Beziehung will die junge Mutter 2018 in eine größere Wohnung ziehen, auch ihr Partner soll dort wohnen. Schnell beginnt die Liebschaft aber zu kriseln, als er seinen Job in einer Spielothek verliert und zunehmend eifersüchtig wird.
Selin wird das zu viel, sie trennt sich. Und der Horror beginnt. Weil er die Trennung nicht akzeptiert, verfolgt er sie. Und geht immer drastischer vor. "Er hat ihr nachgestellt, bis ins Haus rein, bis zu ihrer Wohnung. Sie hat berichtet, dass er manchmal vor ihrer Eingangstür geschlafen hat, damit er nicht verpasst, wenn sie das Haus verlässt", erzählt eine Freundin des Opfers.
Es führt sogar so weit, dass er einen Job in einem Callcenter annimmt, in dem Selin bereits arbeitet. Nur um sie kontrollieren zu können. Als das bekannt wird, entlässt ihn sein Arbeitgeber.
"Es ist nicht einfach, einem Stalker zu entkommen", weiß die forensische Psychiaterin Dr. Nahlah Saimeh (56). "Ich kenne Fälle, wo plötzlich der Stalker Mitarbeiter der Umzugsfirma war."
Immer wieder gibt es Bedrohungen seitens Oliver M., der sich aber nicht zu tätlichen Übergriffen hinreißen lässt. Bis zu 50 Anrufe tätigt er täglich, verfolgt sie auf dem Weg zur Kita.
True-Crime-Doku "Mörderische Wahrheit": "Jeden Tag verfolgt er mich"
Selin Y. zeigt ihren Ex irgendwann an und ist damit eine von rund 20.000 Menschen in Deutschland, die diesen Schritt jährlich gehen. Experten gehen laut dem ZDF davon aus, dass die Dunkelziffer mehr als zehnmal höher liegt.
Als die Polizei den Beschuldigten zu einer sogenannten Gefährderansprache treffen will, ist er nicht zu Hause. Eine Vorladung lässt er verstreichen und seinen Anwalt alle Vorwürfe bestreiten. Die Staatsanwaltschaft übernimmt.
Nachstellen wird mit bis zu fünf Jahren Gefängnis bestraft, weiß ZDF-Rechtsexpertin Dr. Sarah Tacke. "Allerdings muss auch bewiesen werden, dass der Täter dem Opfer nachstellt und das Opfer dadurch verängstigt und sein Leben beeinträchtigt ist."
Selin führt tatsächlich Stalking-Tagebuch. Einer der Einträge: "Jeden Tag verfolgt er mich. Fast jeden Tag bedroht er mich. Nach seiner Aussage wird er mich unter die Erde bringen."
Diese Drohung macht er leider wahr. Nachdem sie am 26. Oktober 2019 einen Mann zu einem Date trifft und dieser sie anschließend daheim absetzt, lauert Oliver M. hinter der Haustür - mit Hammer und Messer. Er sticht 27 Mal zu, darunter auch mehrfach ins Gesicht der 33-Jährigen.
Auch die Babysitterin (38), die die Tat verhindern will, verletzt er in Tötungsabsicht. Sie kann sich in die Wohnung retten und das Kind schützen. Für Selin jedoch kommt jede Hilfe zu spät, sie stirbt durch einen Stich ins Herz.
M. wird als voll schuldfähig eingestuft und erhält im Juli 2020 eine lebenslange Haftstrafe wegen Mordes.
Die gesamte ZDF-Doku "Mörderische Wahrheit" mit zwei weiteren Fällen seht Ihr am heutigen Dienstag ab 20.15 Uhr im ZDF oder schon jetzt in der Mediathek.
Titelfoto: Bildmontage: Polizei Baden-Württemberg