Deniz Yücel im Verhör bei "Chez Krömer": Kurt Krömer bricht Sendung ab

Berlin - Es herrschte Reizklima bei "Chez Krömer": Deniz Yücel (48) hat sich in Kurt Krömers (47) Verhörzelle gewagt – eine Situation, die dem "WELT"-Journalisten nicht fremd ist. Darüber sprechen wollte er nicht wirklich.

Deniz Yücel (48, l.) stellte sich den bohrenden Fragen von Kurt Krömer (47).
Deniz Yücel (48, l.) stellte sich den bohrenden Fragen von Kurt Krömer (47).  © rbb/Daniel Porsdorf

Hintergrund: Yücel hatte unter Recep Tayyip Erdogan (48) wegen angeblicher Terror-Propaganda ein Jahr in Untersuchungshaft in der Türkei gesessen.

Vom Moderator darauf angesprochen, was ein "Agentterrorist" (Zitat Erdogan, Anm. d. Red.) sei, äußerte sich der Sohn türkischer Einwanderer leicht ungehalten: "Ach Gott, ich habe die Geschichte schon öfter erzählt – so oft, dass ich die nicht mehr hören kann."

Wenig verwunderlich, brachte der Schriftsteller doch 2019 ein Buch mit dem Titel "Agentterrorist: Eine Geschichte über Freiheit und Freundschaft, Demokratie und Nichtsodemokratie" auf den Markt. Darin erzählte der Türkei-Korrespondenten der "WELT" unter anderem von seiner Zeit im Hochsicherheitsgefängnis Silivri Nr. 9.

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Krömer zog nach dieser Reaktion die Reißleine, brach die Sendung zum Spaß vorübergehend ab und geleitete seinen Studiogast zum Redepult. Beschwichtigungsversuche des amtierenden deutschen PEN-Präsidenten zündeten zunächst nicht. "Da war ja für jeden etwas dabei", witzelte Alexander Bojcan, wie der Berliner Komiker mit bürgerlichen Namen heißt.

Yücel ließ sich nicht die Butter vom Brot nehmen und konterte: "Es gibt zwei Leute in meinem Leben, denen ich jemals förmlich das Sie entzogen habe: Jürgen Elsässer war der eine. Der andere war Ozan Ceyhun. Du wärst der Dritte."

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Deniz Yücel (48, r.) stellte sich im Gespräch hinter seinen Axel-Springer-Kollegen Paul Ronzheimer (37, nicht im Foto).
Deniz Yücel (48, r.) stellte sich im Gespräch hinter seinen Axel-Springer-Kollegen Paul Ronzheimer (37, nicht im Foto).  © rbb/Daniel Porsdorf

Schlussendlich konnte das Gespräch im Verhörraum fortgesetzt werden und der 48-Jährige erklärte: "Im Knast wollte ich immer meine Freiheit und Normalität zurück. Ich wollte auch weiter als Korrespondent in Istanbul arbeiten.

Weiter führte er aus: "Immer wieder diese Geschichte zu erzählen, in die Details einzusteigen bedeutet, immer wieder dieses Etikett des Journalisten, der im Kerker des Kalifen saß, mit dir rumzuschleppen – und das möchte ich nicht."

Auf den Kommentar Krömers, ob "Springer nicht besseres als einen aidpösen Hamster" für die Berichterstattung aus der Ukraine habe als "BILD"-Vize Paul Ronzheimer (37), sprang der mehrfach ausgezeichnete Journalist und Autor seinem Kollegen zur Seite.

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"Also was ein Scheiß, echt. Dieser selbstgerechte Scheißdreck des Öffentlich-Rechtlichen, der auch von seinen Gebühren bezahlt wird. Das ist echt öde. Paul Ronzheimer macht einen super Job in der Ukraine. Das ist wirklich panne und unkollegial", feuerte ein erfrischend unangenehmer und meinungsstarker Yücel volle Breitseite. "Hier diese Witzchen machen, finde ich unangenehm."

Krömer gab daraufhin kleinlaut bei: "Muss ich noch drüber nachdenken."

Deniz Yücel (48, r.) diskutierte mit Kurt Krömer (47) noch bei einem Hintergrundgespräch nach der Sendung.
Deniz Yücel (48, r.) diskutierte mit Kurt Krömer (47) noch bei einem Hintergrundgespräch nach der Sendung.  © rbb/Daniel Porsdorf

An so viel Gegenwind musste sich der Gastgeber mit seiner ausgeprägten Springer-Antipathie erst einmal gewöhnen. Nach dem Abspann wusch Yücel Krömer abermals den Kopf. "Das ist dein Kopfkino. Diese 'Enteignet Springer-Folklore" hatte '68 einen Sinn", schenkte Yücel dem gebürtigen Neuköllner einen ein.

Heutzutage sei dies nicht mehr der Fall, hob der 48-Jährige hervor. Das anschließende Hintergrundgespräch fand hinter geschlossenen Türen statt, aber der frühere "taz"-Redakteur gab im Nachhinein einen kurzen Einblick.

"Ich bin fein mit ihm, ebenso wie mit Paul Ronzheimer. Wer was riskiert – und das tun beide auf ihre Weise –, kann danebenliegen. Battle ÖRR vs. Springer meinetwegen, aber nicht mit mir", twitterte Yücel am Montagabend nach Ausstrahlung der Sendung.

Weitere Studiogäste in den kommenden Wochen sind, Modedesigner und TV-Promi Harald Glööckler (56), Justizminister Marco Buschmann (44, FDP) und die Choreografin Nikeata Thompson (41).

"Chez Krömer" ist am Dienstag um 22.15 Uhr beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) zu sehen. Online erschienen die Folgen wöchentlich jeweils bereits montags ab 18 Uhr in der ARD-Mediathek und auf YouTube.

Titelfoto: rbb/Daniel Porsdorf

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