Schock für Fans! ARD verkündet Serien-Aus von "Donna-Leon"-Krimireihe
Berlin - Die "Donna Leon"-Filme haben ein bisschen was von Urlaub ohne Verreisen. Mit Commissario Brunetti kann man im Kopf durch Venedig streifen, aufs Wasser schauen und Rotwein trinken. Millionen Zuschauer haben die Verfilmungen in den vergangenen Jahren eingeschaltet - nun läuft die letzte Ausgabe der Krimireihe im Ersten. Und Uwe Kockisch spielt noch einmal den Fernsehermittler.
Als Guido Brunetti grübelte er über Kriminalfälle oder traf sich zum Abendessen mit seiner Frau Paola auf einer ziemlich mondänen Terrasse. Aus Sicht von Kockisch ist der Abschied "kein Drama".
Der letzte Fall läuft am ersten Weihnachtstag (25. Dezember, 20.15 Uhr), die Mediathek zeigt ihn ab Montagabend (23. Dezember).
In "Stille Wasser" steht Commissario Brunetti auf einem fahrenden Motorboot, er schaut durchs Fernglas: "Halt! Da vorne liegt was." Das Team fischt eine Leiche aus dem Wasser. Und dann beginnt der typische Vorspann - mit Streichmusik und Luftaufnahmen von Venedig.
Die eigentliche Geschichte spielt diesmal auf der Insel Sant'Erasmo. Brunetti soll sich dort nach einem Kreislaufzusammenbruch etwas Ruhe gönnen.
Er lernt den Bienenzüchter Davide Casati kennen, der aber plötzlich verschwindet. Brunetti überredet die Polizei, nach dem Mann zu suchen. Ein komplizierter Fall mit vielen Bezügen zur Vergangenheit tut sich auf.
Die amerikanische Schriftstellerin Donna Leon (77) landet mit ihren Büchern regelmäßig Bestseller. Der Diogenes Verlag hat bereits den 29. Brunetti-Fall "Geheime Quellen" angekündigt. Im Fernsehen zogen die Filme regelmäßig mehr als sechs Millionen Zuschauer an. Dort wird der 26. Fall nun die letzte Verfilmung im Ersten sein. Als 2018 gedreht wurde war noch nicht bekannt, dass die Krimireihe ausläuft.
Gemeinsam mit der Produktionsfirma UFA Fiction und der Autorin Leon hätten sie sich entschieden, die Krimireihe nach mehr als 20 Jahren zu beenden, hatte die ARD Degeto im November mitgeteilt. Weitere Details wurden nicht genannt. "Stille Wasser" ist also der letzte Fall.
Uwe Kokisch im Interview: "Venedig ist kein Vergnügungspark"
Mit Sonnenbrille kennt man ihn als Commissario Brunetti. Über die Lagunenstadt hat Uwe Kokisch in den Jahren einiges gelernt, wie er in Berlin im Interview der Deutschen Presse-Agentur erzählt:
Herr Kockisch, nach vielen Jahren läuft der letzte Film mit Commissario Brunetti. Wie fühlt sich das an?
Uwe Kokisch: Das ist kein Drama. Es war wie bei jedem Film. Es ist ja eigentlich immer eine Abenteuerfahrt. Man will auf etwas kommen, was nicht nur die Ablichtung und die strenge Nacherzählung einer Geschichte ist. Sondern da muss noch etwas dazukommen. Das war die Aufgabe. Und das ist mehr oder weniger gelungen.
Wie waren die Dreharbeiten in Venedig?
Kokisch: Das hat Spaß gemacht. Es kam von anderen oft: "Ach Mann, Mensch, in Venedig!" Aber wir haben dort ja keine Erholung gemacht. Man konnte die Stadt trotzdem entdecken, um in die Geschichte reinzukommen. Das war das große Vergnügen.
Mich fragte mal eine Gruppe Jugendlicher, wann der Markusplatz zumache. Ich sagte: "Wie, zumacht?" "Na, wann wird denn abends hier geschlossen?" Die dachten, die Stadt ist so etwas wie ein Vergnügungspark oder Disneyland. Ich sagte: "Nee, das ist eine Stadt. Hier leben die Leute richtig."
Über die vielen Touristen in Venedig gibt es große Diskussionen. Wie erleben Sie das?
Kokisch: Wir haben viele Freunde dort, Venezianer. Das ist ein Problem, das weiß jeder. Die größte Gefahr ist der Übertourismus, eine Art Überbevölkerung auf kleinem Gebiet.
Hinzu kommen die Kreuzfahrtschiffe. Das ist eine Frage des Profits. Letztlich kann man alles - auch die Immobiliengeschäfte dort - auf eins zurückführen: die Gier des Menschen. Die Stadt macht kein anderer kaputt. Das sind wir selbst.
Die Menschheit arbeitet sich an ihrer Gier aber schon seit Jahrtausenden ab, oder?
Kokisch: Genau das ist es. Das ist ein Makel und vielleicht auch die Prüfstelle, woran wir merken, ob wir wirklich weiterkommen können.
Wenn man durch Venedig läuft, was fällt Ihnen dann auf?
Kokisch: Ein Freund sagte mal: "Guck' mal, wie die Leute gucken. Die gucken immer nur so." (Kockisch hält seine Hand auf Augenhöhe) Die gucken immer nur auf Höhe der Geschäfte. Aber darüber fängt es an - da ist das Geheimnis der Stadt. Die ganzen Skulpturen, die an den Gebäuden sind. Die Zeichen. Wenn die Stadt zu einer Mall wird, in der billige Pappmasken verkauft werden, verkommt das.
Aber was kann man dagegen tun?
Kokisch: Wie man das regulieren soll? Etwa indem man Eintritt nimmt? Ich weiß nicht, wie das gehen soll. Eigentlich ist es eine Spiegelung unserer Kultur oder Unkultur, wie wir uns da benehmen. Man kann es nicht an jemanden delegieren, das in Ordnung zu bringen. Das muss man leider selber machen.
Warum sehen wir zum letzten Mal einen ARD-Krimi mit Brunetti?
Kokisch: Das kann ich nicht beantworten. Meines Wissens war es eine gemeinsame Entscheidung von ARD Degeto, Produzenten und Frau Leon.
Gibt es denn schon neue Projekte für Sie?
Kokisch: Ich habe immer Projekte. Wir haben immer Bücher da, an denen wir schreiben. Das hat sich so ergeben im Laufe der Zeit, Gott sei Dank.
Ich warte nicht: Wann kommt ein Angebot? Das mache ich nicht, das ist Quatsch. Es ist immer wichtig, wer welche Geschichte mit wem wann und wo macht. Die alte Formel.
Was von Ihnen bleibt in Venedig?
Kokisch: Wir sind noch in Venedig. Wenn es hieße: "Du darfst die Stadt nie wieder betreten, die ist abgeschlossen, du bist verdammt." Dann wäre es schlimm. Aber ich bin ja da. Wir wohnen ja auch zum Teil da mit Freunden. Die Bereicherung der Stadt also, die bleibt.
Uwe Kockisch (75) lebt in Madrid, wurde aber in Cottbus geboren. Als Jugendlicher versuchte er aus der DDR fliehen. Dafür musste er ein knappes halbes Jahr ins Gefängnis. Er machte eine Ausbildung an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch, spielte etwa am Berliner Maxim Gorki Theater und an der Schaubühne. Als Nachfolger von Joachim Król übernahm er 2003 die Rolle des TV-Ermittlers Guido Brunetti im Ersten.
Titelfoto: Nicolas Maack/ARD/Degeto/dpa