"Zugedröhnt und einsam im Hotelzimmer" verendet! Bewegende Doku über Milli Vanilli
Fürth - Zwei junge Männer waren ganz oben - als einzige Deutsche hatten sie es sogar in den USA an die Spitze geschafft - und sind doch tief gefallen. ARTE hat die Doku über "Minni Vanilli - From Fame to Shame" in der Mediathek - und die lohnt sich zu sehen!
Er war eine der "wahren Stimmen" des Pop-Duos Milli Vanilli: John Davis verstarb im Mai dieses Jahres im Alter von 66 Jahren an Corona (TAG24 berichtete). Nun kommt er nochmals ins Rampenlicht - denn auch er war quasi Teil der "Lügen-Pop-Band".
Außerdem erzählt Sänger Brad Howell (77), wie es sich anfühlte, als er beobachten musste, wie seine Stimme "ausgeschlachtet" wurde...
Den Ruhm heimsten nämlich einst ab Mitte der 80er-Jahre zwei junge Tänzer ein - zwei junge Männer, von denen einer am Star-Ruhm kläglich zugrunde ging. Zu hören ist auch das letzte Interview - nur wenige Monate vor seinem Tod entstanden - mit dem im Alter von 33 zugrunde gegangenen "zugedröhnten Rob Pilatus", so der Sender.
Es war DER Skandal in der Musikgeschichte, den Regisseur Oliver Schwehm (46) aufgearbeitet hat. Wie es zum Eklat unter den Beteiligten kam, ist jetzt in der ARTE-Mediathek im Rahmen der "Summer of Scandals" zu sehen.
Milli Vanilli eroberten sogar die amerikanischen Billboard-Charts
Zu Beginn der 90er-Jahre entfesselte das Popduo weltweit Begeisterungsstürme. Es ist bis heute die einzige deutsche Band, der es gelang, drei Nummer-eins-Titel in den amerikanischen Billboard-Charts zu landen. Der "kleine" Schönheitsfehler: Rob Pilatus (†1998) und Fab Morvan (heute 55 Jahre) sangen ihre Lieder nie selbst...
Die "Krönung" der Karriere von Milli Vanilli war die Grammy-Verleihung in Los Angeles. "Dass ein in tiefster deutscher Provinz produziertes Musikprojekt musikalische – und modische – Trends in den USA setzt, ist etwas noch nie Dagewesenes", so Regisseur Schwehm.
Nach den Grammys allerdings musste die Reißleine gezogen werden - die Starallüren des Duos hätten zu Schlimmerem geführt, so der Produzent Frank Farian (80) in der Doku.
Das Pop-Märchen verwandelt sich rasch in einen der größten Musik-Skandale
Und für die beiden Bandmitglieder begann der Alptraum. Der Dokumentarfilm erzählt die Geschichte von Milli Vanilli aus der Innensicht und lässt alle maßgeblich Beteiligten zu Wort kommen.
Wir sehen, wie sich Robert Pilatus und Fabrice Morvan im München der 80er-Jahre anfreunden, wie Produzent Farian (u.a. "Boney M.") sie entdeckt und gemeinsam mit ihnen "das perfekte, international vermarktbare Pop-Produkt schafft" und wie die beiden sich schließlich in einer Mischung aus Selbstüberschätzung und Ringen um die eigene Würde mit ihrem Schöpfer überwerfen.
Selbstüberschätzung ohne Selbstreflexion führt zu tragischer Tragweite.
Minni Vanilli stieg der Ruhm über den Kopf
Denn Rob Pilatus und Fab Morvan rebellierten, weil sie mit ihrer Rolle als bloße Playback-Darsteller nicht länger zufrieden waren und selbst gesanglich interpretieren wollten.
Der Dokumentarfilm macht deutlich, wie sich Fab und Rob immer weiter verstrickten, nach und nach die Bodenhaftung verloren und sich schließlich am stets größer werdenden Ruhm zerbrachen.
Besonders Robert Pilatus "überidentifizierte" sich im Angesicht des phänomenalen Erfolgs mit der Rolle des Superstars.
So verkündete er - unter Drogen - 1990: "Musically, we are more talented than any Bob Dylan, Paul McCartney or Mick Jagger. I’m the new modern Rock ’n’ Roll. I’m the new Elvis."... ("Musikalisch sind wir talentierter als Bob Dylan, Paul McCartney oder Mick Jagger. Ich bin Rock ’n’ Roll. Ich bin der neue Elvis.")
Zumindest im Tod ist er ein echter "Rockstar": Zugedröhnt und einsam verendete Rob verarmt in einem Hotelzimmer...
Titelfoto: Sendeanstalt/Copyright/ARTE/Oliver Schwehm/RB