Mega Doku: 28 Tage unter Wasser in 100 Metern Tiefe
Von Björn Strauss
ARTE - Vergesst alle Thriller! Dieser Tauchgang reicht von der Spannung her an jeden Krimi ran... Unterwasserfotograf Laurent Ballesta (46) nimmt uns mit in seine "kühle, tiefe" Welt: 100 Meter zum Grund, 28 Tage lang. Und das nimmt einem den Atem. Das Beste daran? ARTE hat's in die Mediathek gepackt.
Wie soll das funktionieren? 28 Tage lang zu viert in einer nur fünf Quadratmeter winzigen Druckkapsel leben? Die "Aquanauten" samt Unterwasserfotograf Laurent Ballesta haben tatsächlich einen Rekord hingelegt.
So sind faszinierende Aufnahmen in den Mittelmeer-Tiefen bis zu 145 Meter entstanden - und eine Doku, die keiner verpassen sollte. Herausgekommen ist ein ein Tauchgang der Superlative.
Laurent Ballesta ist Meeresbiologe, Taucher sowie preisgekrönter Unterwasserfotograf und längst aus den Fußstapfen vom weltbekannten Forscher "Capitan Jacques-Yves Cousteau (†1997) herausgewachsen" - moderner Technik, langer Forschung sowie exakter Vorbereitung sei sei Dank.
Im Sommer 2019 begab er sich mit seinem 30-köpfigen Team auf die spektakuläre Mission zum Meeresboden zwischen Marseille und Nizza.
Noch nie wurden die Tiefen des Mittelmeers derart genau untersucht und vor allem auf diese faszinierende Art und Weise fotografiert
Gibt es noch intakte Ökosysteme im Mittelmeer?
Das Ziel der "Gombessa"-Expedition auf dieser 300 Kilometer langen Strecke entlang der Côte d’Azur war es, "neue fremdartige Welten zu erforschen, unbekanntes Leben und andere Ökosysteme zu entdecken und trotz aller Gefahren ins Unbekannte hinab zu tauchen", so der Sender.
Nach dem Vorbild der Expeditionen des französischen Meeresforschers Jacques-Yves Cousteau und seiner "Unterwasserhäuser" verbrachten vier Männer 28 Tage lang in einer Druckkabine, "um in aller Freiheit und ohne zeitliche Begrenzung tauchen zu können".
Zu sehen bekommen wir Kalmare, die nur EINMAL im Leben Sex haben, "und wir sind dabei", ruft der Forscher stolz. Wir tauchen mit ab in 145 Meter Tiefe in die Alpen - ja, richtig gelesen! In die Französischen Alpen unter Wasser zu einem Abgrund, der den Tauchern Angst macht.
Die Herausforderung sind allerdings nicht die Enge, die Unwägbarkeiten, die "Neue Welt", sondern das Gasgemisch, mit dem die Taucher leben müssen. Nur drei Prozent Sauerstoff (normale Luft hat ca. 21 Prozent) - der Rest ist Helium. Und wer schon mal Helium inhaliert hat weiß, wie man da redet... Aber Helium lässt den Körper auch schnell "von innen auskühlen"!
28 Tage sind eine große Herausforderung
Nicht aber das Abtauchen ist die unsagbare Leistung der Forscher. Das Auftauchen ist die große wissenschaftliche Leistung. Denn es dauert über vier Tage lang, bis der Körper wieder langsam an normale Druckverhältnisse (Dekompression) geführt wird, die Lungen wieder "normale" Luft vertragen, um der "Taucherkrankheit" vorzubeugen.
Würden die Taucher ohne derart exakte Berechnungen aufsteigen, "wären wir sofort tot". Auch ein Stromausfall wäre ihr sicherer Tod, denn der Druck in der Kabine, aus der sie unter großen Anstrengungen oft aussteigen, muss mit Strom geregelt werden.
Aber, wie die Taucher sagen, sei nicht die Enge am schlimmsten, sondern die "permanenten lauten Geräusche in der Kammer", das Zirren, Kratzen, Pumpen der Maschinen.
Gibt es gute Nachrichten vom Meeresgrund vor Nizza? Ja, zum Glück sei in der Tiefe von 100 Metern "keine große Ansammlung von Plastikmüll zu sehen" - noch nicht. Anders sieht das aber leider in 45 Metern Tiefe aus.
Helium kühlt den Körper "von innen aus"
Um diese Expedition zu schaffen, müssen die Männer sich täglich untersuchen und überwachen - denn sogenanntes "Sättigungstauchen ist etwas ganz Besonderes". Unangenehm sei lediglich "die Kälte, da Helium die Körperwärme absorbiert". Der Körper kühlt daher sehr schnell aus. "Ein Windhauch wird so zum eisigen Sturm."
Welche Ergebnisse bringen die Taucher mit nach oben?
Zum Beispiel wissen wir jetzt, dass es Fotosynthese in diesen Tiefen gibt. Auch dass Methan erzeugt wird - von den Korallen. Die Korallen könnten demnach Treibhausgase erzeugen, aber auch aufnehmen - "wahrscheinlich durch Temperaturschwankungen" bedingt.
Und es gibt Fischarten, die noch nie zuvor lebend fotografiert wurden - kurz: Naturwunder, die Laurent Ballesta fotografisch festgehalten und mit an die Oberfläche gebracht hat.
TIPP: Bis zum 17. November könnt Ihr noch "abtauchen" in dieses Abenteuer. Wo? In der ARTE-Mediathek. Die 97 Minuten sind absolut atemberaubend. Aber da gibt's noch mehr Dokus zu entdecken: den schleimigen Super-Organismus "Blob" (TAG24 berichtete) zum Beispiel oder auch den "400 Jahre alten Hai", der noch immer lebt!
Titelfoto: ARTE/Laurent Ballesta