Blutiger Ehrenmord: Hanaa (†35) sollte "wie ein Esel abgeschlachtet" werden

Wuppertal/Solingen - Weil sie nicht mehr unterdrückt und bevormundet leben will, entscheidet sich Hanaa S. (†35), ein neues Leben zu beginnen. Ihr Ehemann und dessen Sippe müssen dies nach ihrer Ideologie verhindern, um die Familienehre wiederherzustellen. Am Ende gibt es eine Leiche und vier verurteilte Männer.

Nachgestelltes Szenenfoto: Bereits in einem Frauenhaus wollten der Ehemann und seine Familie Hanaa S. und ihre Tochter entführen.
Nachgestelltes Szenenfoto: Bereits in einem Frauenhaus wollten der Ehemann und seine Familie Hanaa S. und ihre Tochter entführen.  © ZDF/Saskia Pavek

Hanaa wird mit 16 Jahren zwangsverheiratet, bekommt sechs Kinder. Und: "Sie kommt aus einer jesidischen Patriarchengesellschaft", weiß Prof. Dr. Dr. Jan Ilhan Kizilhan.

"Dort spielt das Individuum keine Rolle - es existiert, um dem Kollektiv zu dienen. Gerade als Frau hat man weniger Rechte in einer Männergesellschaft. Hier geht es um Akzeptanz und Wertenormen, die man einhalten muss", so der psychologische Sachverständige in der ZDF-Sendung "XY gelöst".

Im April 2015 verlässt sie ihren Mann, zieht in eine eigene Wohnung nach Solingen, wo sie mit ihrem neuen muslimischen Partner zusammenleben will. Eine derartige Beziehung wird unter Jesiden nicht akzeptiert. Das ist Hanaa egal. Sie will selbstbestimmt und frei leben. Das Hochzeitsgold hat sie wohl mitgenommen.

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"Sie war an einem Punkt, wo sie sehr, sehr zufrieden war, wieder ein neues Leben aufzubauen. Dieses gedemütigt, beschimpft, geschlagen werden vom Ehemann und den eigenen Kindern wollte sie nicht mehr", sagt Freundin Sabrina S.

Am 21. April 2015 verabredet sie sich in ihrer alten Wohnung mit einer vermeintlichen Interessentin, der sie Möbel verkaufen will. Doch diese ist nur ein Lockvogel für die Familie ihres Mannes.

XY gelöst: Opfer in alte Wohnung gelockt, bewusstlos geprügelt und entführt

"XY gelöst"-Moderator Sven Voss (46, l.) mit Frank Gartmann, Erster Kriminalhauptkommissar a.D.
"XY gelöst"-Moderator Sven Voss (46, l.) mit Frank Gartmann, Erster Kriminalhauptkommissar a.D.  © ZDF/Saskia Pavek

Am nächsten Morgen meldet sich ihr neuer Freund bei Sabrina und sagt ihr, dass sich Hanaa nicht gemeldet hat und über Nacht wegblieb. Die beiden melden sie bei der Polizei als vermisst. Sie machen sich Sorgen um die Sechsfach-Mutter, da Ehemann und Schwager immer wieder gedroht hatten, sie umzubringen, wenn sie nicht zur Familie zurückkehrt.

"Den schlimmsten Text, den ich mitbekommen habe, war, dass sie ihr gedroht haben, wenn sie das Gold in sechs Monaten nicht zurückgibt, dass sie geschlachtet wird wie ein Esel", erinnert sich Freundin Sabrina.

In der Wohnung werden kurz danach Blut und herausgerissene lange Haare gefunden. Mehrere Türen sind eingetreten. Alles spricht für eine Entführung oder gar einen Mord. Beängstigend für die Ermittler: Schon ein Jahr zuvor hatten Ehemann und Schwager versucht, die in ein Frauenhaus geflüchtete Hanaa und ihre jüngste Tochter zu entführen.

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Noch am Tag der Vermisstenanzeige wird die verdächtige Familie befragt. Der flüchtige Schwager kann am Flughafen Zagreb aufgegabelt werden. Auch mithilfe der Aussage eines Taxifahrers, der Hanaas Schwager und ihren 17-jährigen Sohn zur Entführung fuhr, kann die Tat nahezu lückenlos rekonstruiert werden.

Die Ermittlungen werden abgeschlossen - ohne eine Leiche gefunden zu haben.

Das Opfer: Sechsfach-Mama Hanaa S. (†35).
Das Opfer: Sechsfach-Mama Hanaa S. (†35).  © Polizei

Vier Täter erhalten höhere Strafen als von der Staatsanwaltschaft gefordert

Einer der Angeklagten (M.) am Landgericht Wuppertal.
Einer der Angeklagten (M.) am Landgericht Wuppertal.  © Bernd Thissen/dpa

Der Prozess gegen Hanaas ältesten Sohn, ihren Ehemann und zwei Schwäger beginnt am 27. Juni 2016, dauert 100 Verhandlungstage und endet nach mehr als einem Jahr.

Darin gesteht der Haupttäter die Affekt-Tötung an der sechsfachen Mutter mit einem Spanngurt und das Vergraben der Leiche in einem mehr als 300 Kilometer entfernten Wald. Das Gericht ist sich aber sicher, dass es sich um einen geplanten Mord handelt.

Mit einem höheren Strafmaß als von der Staatsanwaltschaft gefordert erhält der Mörder lebenslang, Ehemann und zweiter Schwager zehneinhalb Jahre und der zur Tatzeit erst 17-jährige Sohn eine Jugendstrafe von neun Jahren und sechs Monaten

Anschließend kommt es zu tumultartigen Szenen im Sitzungssaal, da die Urteile nicht akzeptiert werden. Doch sie haben natürlich Bestand.

Die ganze "XY gelöst"-Folge mit einem weiteren spannenden Fall zeigt das ZDF am Mittwoch (19. Juni) ab 20.15 Uhr. In der Mediathek seht Ihr beide vorab.

Titelfoto: Bildmontage: Bernd Thissen/dpa ; Polizei

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