Namen genannt! Wird der Regenschirm-Mord an Familienvater Christoph (†40) endlich gelöst?
Hannover - "Dieser Fall ist in Deutschland einmalig", sagt Romey Leinhardt von der Kripo Hannover. Sie spricht über den heimtückischen Mord an Christoph Bulwin (†40), der Monate leiden musste, bevor er an einer Quecksilber-Vergiftung starb. Doch Zuschauer der ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY ungelöst" könnten jetzt den entscheidenden Hinweis geben.
Christoph Bulwin lebte mit seiner Frau und seinen zwei Kindern im niedersächsischen Landkreis Celle.
Er arbeitete als Softwareentwickler und Datenbankadministrator bei der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie (IG BCE) in Hannover, pendelte täglich die 50 Kilometer lange Strecke.
Anfang Juni 2011 wird unweit des Hinterausgangs seiner Arbeitsstelle eine Hundebesitzerin von einem ihr unbekannten Mann wegen ihres urinierenden Vierbeiners angesprochen. Sie wird ihn in den darauffolgenden Tagen und Wochen mehrfach an derselben Stelle sehen. Für die Polizei steht fest: Es war Christoph Bulwins Mörder!
Zwei Monate nach seinem 40. Geburtstag, am Freitag, dem 15. Juli 2011, macht sich das spätere Opfer nach Feierabend auf den Weg zu seinem Auto. Von hinten nähert sich der Täter und sticht ihm mit einer an einem Regenschirm befestigten Spritze ins Gesäß.
Der Mann flüchtet, kann vom 40-Jährigen aber gestoppt und die Spritzenkonstruktion abgerissen werden. Bulwin kommt die Situation komisch vor, er wählt den Notruf.
Aktenzeichen XY ungelöst: Spritze enthielt hochtoxisches Quecksilber
Bei der folgenden Untersuchung können zunächst keine Auffälligkeiten gefunden werden. Was ihm jedoch injiziert wurde, können erst umfangreiche Tests klären.
Da er und seine Frau Angst vor einer möglichen HIV-Infektion haben, nimmt der 40-Jährige prophylaktisch Medikamente ein, die er aber wegen starken Nebenwirkungen wieder absetzt.
22. Juli 2011, eine Woche nach der Tat. Christoph Bulwin fühlt sich unwohl und kommt ins Krankenhaus. Dort werden erhöhte Entzündungswerte festgestellt, die darauf hindeuten, dass sein Körper gegen etwas ankämpft, das jedoch noch immer unbekannt ist.
Eine Woche später hat Bulwin am ganzen Körper stark juckenden und brennenden Ausschlag. Weil sich sein Zustand weiter verschlechtert, wird er Anfang September 211 ins künstliche Koma versetzt.
Jetzt endlich, leider aber viel zu spät für eine Behandlung, wird ein um das Tausendfache erhöhter Quecksilberwert im Blut nachgewiesen.
Bulwin wird zum Pflegefall, kommt in ein Heim, wo er am 9. Mai 2012 - acht Monate nach der Tat - infolge eines epileptischen Anfalls stirbt.
Aktenzeichen XY: Wieso musste Christoph Bulwin sterben?
Für die Ermittler ist auch elf Jahre nach der Tat völlig unklar, wieso der Familienvater sterben musste.
Ging es um ihn als Person? Wurde er verwechselt? Hat es mit seinem Arbeitgeber zu tun?
Bei dem nachgewiesenen Stoff handelte es sich um Dimethylquecksilber - einer sehr speziellen und hochtoxischen Form. "Das ist eine organische Quecksilber-Verbindung, die man nicht einfach so herstellen kann. Dazu braucht man relativ großes Maß an Know-how. Der Täter muss sich mit der Herstellung von chemischen Stoffen auskennen", sagte Romey Leinhardt in der ZDF-Sendung.
So beschrieben Bulwin und Zeugen den Täter:
- 40 bis 50 Jahre alt
- 1,75 bis 1,85 Meter groß
- sehr schlank/hager mit ausgeprägten Wangenknochen
- damals trockene und pockennarbige Haut wie nach überstandener Akne-Erkrankung
- sonnengebräunt
- schmale Lippen
- kurze dunkelblonde/hellbraune Haare
- sprach Deutsch ohne Akzent
- trug am 15. Juli 2011 ein beigefarbenes Pflaster auf der Wange, hellblaue Jeans, eine schwarze glänzende Jacke (vermutlich aus Leder) mit Reißverschluss und Bündchen an den Armen und der Taille sowie eine Sonnenbrille und eine dunkle Basecap mit hellem Schriftzug.
Die Kripo Hannover sucht nun Zeugen, denen die ungewöhnliche Spritzenvorrichtung aufgefallen sind und Hinweise zu Personen, die sich 2011 und vorher für Quecksilbersubstanzen interessiert haben. Kennt Ihr Personen, die negative Erfahrungen mit der IG BCE gemacht haben, zum Beispiel wegen eines Betriebsunfalls?
Hinweise erbittet die Kripo Hannover unter Tel. 0511 / 10 90. Die Belohnung für die Aufklärung des Verbrechens beläuft sich auf 5000 Euro.
Das ZDF teilte im Anschluss an die Ausstrahlung mit, dass die Anteilnahme des Publikums (4,72 Millionen gesamt) "enorm" war. "Zuschauerinnen und Zuschauer drückten ihr Bedauern aus und gaben viele Hinweise. Manche davon waren sehr konkret: Namen und sogar eine Adresse wurden genannt. Die Kripo geht diesen Hinweisen bereits nach."
Titelfoto: Bildmontage: ZDF, Kripo Hannover