Tod von Queen Elizabeth II. (†96): Charles III. wird König
London/Balmoral - Mehr als 70 Jahre war Queen Elizabeth II. (†96) das Oberhaupt der britischen Königsfamilie. Donnerstagabend starb sie im Alter von 96 Jahren. Zeit für ihren Sohn - ehemals Prinz Charles, ab sofort Charles III. (73) - den Thron zu besteigen.
Seit den Abendstunden des 8. Septembers darf sich Charles, der oftmals ein wenig spöttisch als "ewiger Nachfolger" bezeichnet wurde - nun König des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland sowie den Commonwealth Realms nennen. Auch wenn die offizielle Krönung noch aussteht.
Die neue Königin wird Charles' Frau Camilla (75), das hatte Königin Elizabeth II. noch zu Beginn dieses Jahres als ihren ausdrücklichen Wunsch geäußert.
Das neue Oberhaupt muss nun unverzüglich damit beginnen, die Trauerfeierlichkeiten für seine Mutter zu planen und zu leiten. Das Begräbnis von Queen Elizabeth II. wird voraussichtlich zehn Tage nach ihrem Todestag, dem sogenannten D-Day, stattfinden.
"Wir sind in tiefer Trauer um einen geschätzten Souverän und eine vielgeliebte Mutter", teilte Charles mit am Abend mit. Er fügte hinzu: "Ich weiß, dass ihr Verlust das ganze Land schwer bewegt."
Es ist indes nicht viel darüber bekannt, wie Charles sein Amt ausüben wird. Spekuliert wird, dass er sich mehr in politische Dinge einmischen will - obwohl das in der britischen Monarchie nicht vorgesehen ist. Das Thema Klimawandel liegt ihm jedenfalls sehr am Herzen. Auch eine Modernisierung des Königshauses dürfte auf seiner Agenda stehen.
Er wolle den Kreis der aktiven Mitglieder verkleinern, hieß es in Medienberichten. Auch über einen Verzicht auf den Buckingham-Palast als ständige Residenz wurde spekuliert.
Charles III., das Gewissen der Nation?
Wird er das Gewissen der Nation? Ein Biobauer, der immer wieder seine Meinung zu politischen Themen zum Besten gibt? Aus seinem Umfeld hieß es einmal, Charles empfinde die Aussicht auf den Thron als "Gefängnis". Er wollte sein Leben nicht mit Ordensverleihungen vertrödeln, sondern Probleme angehen.
"Solange ich denken kann, habe ich dieses außergewöhnliche Gefühl, heilen und die Dinge verbessern zu wollen", sagte er einmal. Charles schreckte im Gegensatz zu Königin Elizabeth II. nie davor zurück, Position zu beziehen. Er kämpfte gegen den Klimawandel, stoppte umstrittene Bauvorhaben und half armen Jugendlichen.
In Notizen - wegen seiner krakeligen Handschrift auch Schwarze-Spinnen-Memos genannt - versuchte der Thronfolger, Regierungsmitglieder zu beeinflussen und brockte sich damit Ärger ein. Als König, so fürchteten Beobachter früher, hätte er mit seinen Standpunkten und Einflussnahmen sogar die Nation spalten können.
Beim Staatsbesuch des chinesischen Präsidenten Xi Jinping in London blieb er dem Bankett im Buckingham-Palast demonstrativ fern. Das wurde als Protest gegen die Menschenrechtsverstöße in dem Land gedeutet.
Charles und die Frauen
Besonders übel nahmen ihm die Briten, wie er mit seiner ersten Ehefrau Diana (†1997) umging, der Königin der Herzen. Schon kurz nach der Verlobung sorgte die Antwort des Paares, auf die Frage, ob es verliebt sei, für Stirnrunzeln: Sie platzte mit einem "Ja, natürlich!" heraus, er sagte: "Was auch immer Verliebtsein heißen mag."
Nach der Hochzeit betrog er die makellos schöne Diana mit seiner Jugendliebe Camilla Parker Bowles, die von einigen britischen Medien als Rottweiler verspottet wurde. Ein Rosenkrieg begann. Als auf Tonbandmitschnitten zu hören war, dass Charles als Tampon Camillas wiedergeboren werden wollte, war für viele Briten Charles als künftiger König undenkbar.
1996 ließ das Paar sich scheiden. Nur ein Jahr später starb Diana bei einem Autounfall in Paris. 2005 heiratete Charles Camilla. Die beiden verschafften sich - ganz langsam, aber stetig - durch seriöses Auftreten und viel Fleiß wieder Respekt. Der Thronfolger vertrat seine Mutter bei unzähligen Terminen, reiste als Botschafter durch Europa, um die vom Brexit verstörten europäischen Partner zu besänftigen und war volksnäher als je zuvor.
Charles' Ruf als verwöhnter Eigenbrötler, der mit Blumen spricht, ist er nie ganz losgeworden. Traumanalysen, spirituell geprägte Erlebnisse in der Kalahari-Wüste, seine Beschäftigung mit dem islamischen Sufismus - das mag etwas suspekt klingen.
Charles hatte viel Zeit, über seine Rolle nachzudenken. Er ist seit dem 6. Februar 1952 Thronfolger. Er war drei Jahre alt, als seine Mutter Königin wurde und eine Ära begann. Um angemessen in ihre Fußstapfen zu treten, fehlt es dem greisen Monarchen allein schon an Lebenszeit.
Titelfoto: Fotomontage: dpa/Jane Barlow, AFP/Jonathan Brady