Royaler Staatsbesuch in Berlin: Mein Tag mit König Charles III. und Camilla
Berlin - Da schlagen die Herzen der Royal-Fans höher! König Charles III. (74) und seine Gemahlin Camilla (75) sind auf Staatsbesuch in Berlin. TAG24 hat sich das königliche Spektakel für Euch vor Ort angeschaut. Der Erlebnisbericht.
Es ist Mittwoch um 10.45 Uhr, als ich die Prachtstraße Unter den Linden betrete. Der Andrang vor dem blauen Zelt mit der Kontrollschleuse ist groß. Nur 1500 Menschen können das britische Königspaar heute hautnah erleben. Manche werden fünf Stunden auf den großen Moment warten.
Das Publikum in der Schlange ist gemischt. Darunter ist auch Christoph Mühlenbach (59). Er kommt für dieses Großereignis aus Hamburg angereist und hält eine deutsche und englische Flagge in der Hand.
Auf die Frage, was ihn am britischen Königshaus begeistert, antwortet er ein wenig schelmisch: "Das frage ich mich bis heute. Ich vermisse so etwas in Deutschland."
Nachgehakt, ob ein König in Deutschland für ihn etwas wäre, bejaht er und betont im selben Atemzug: "Aber sarkastisch sage ich immer. Hatten wir schon einmal. Hat nicht so funktioniert." Danach gefragt, was der Hamburger Charles III. oder Camilla sagen oder fragen würde, meint er: "Ich würde einfach herzlich willkommen in Deutschland sagen."
Was auffällt: Viele Menschen tragen Papp-Kronen einer bekannten Burger-Kette. Was es damit auf sich hat, verrät mir John (25), der sich aus Brandenburg auf den Weg gemacht hat. "Ist eine Promo-Aktion. 'One King to Another'. Die Krone steht für Gleichheit und dass sozusagen jeder auch in schweren Zeiten einen unterstützt", erklärt der 25-Jährige, der an diesem Tag selber Kronen verteilt und mir eine anbietet.
"Dass man als Einheit auch dahintersteht. Das ist das Symbol dahinter, dass sich Burger King gewünscht hat", führt er weiter aus. Ob es eine Frage an den Monarchen gibt, die ihm unter den Nägeln brennt, will ich wissen. John: "Ob er denkt: 'Ja, ich bin der King. Ich stehe über euch' oder 'Ich bin auch nur ein Mensch', um es auf Berlinerisch zu sagen."
Auf die Frage, ob ein König in Deutschland gut wäre, entgegnet der junge Brandenburger scherzhaft: "Nee, aber eine Königin. Merkel soll zurückkommen. Wäre doch lustig. Queen Merkel. Nee, Quatsch."
Warten in der Schlange auf König Charles III. und Camilla
Es ist 13 Uhr. Die Schlange ist noch länger geworden und wächst im Minutentakt. Polizeiwagen säumen die kahlen Linden, unter denen sich große und kleine Fans des britischen Königshauses die Füße in den Bauch stehen. Die Stimmung ist entspannt, auch wenn sich der Himmel zuzieht und der Wind einsetzt. Das Thermometer kennt nur eine Richtung. Nach unten. Wird die Parade etwa verregnet?
13.19 Uhr: Ein Ruck geht durch die Schlange und sie setzt sich in Gang. Die Anspannung steigt. Der Einlass soll nur bis spätestens 13.30 Uhr möglich sein und noch sind es Hunderte Meter bis zur Kontrollschleuse. "Wenn voll ist, ist voll", sagt eine Frau mit Silber im Haar, die vor 35 Jahren mit ihrer Tochter eine Wachablösung vor dem Buckingham Palace sah. Kreischende Möwen kreisen über uns.
13.40 Uhr: Die Sonne kommt durch, halbe Strecke geschafft. Zehn Minuten später wundert sich ein blonder Wuschelkopf, was dieser Menschenauflauf soll. "Ah, dieser Engländer ist da", fällt ihm ein.
13.51 Uhr: Das wird eine knappe Kiste. Ein Frau drängelt sich vor und bekommt dafür einen Anraunzer. Kurz darauf spielt das Stabsmusikkorps der Bundeswehr "Rule Britannia" und die James-Bond-Titelmelodie an. Polizisten schreiten die Schlange ab, zählen leise durch und führen Strichliste. Es sieht gut aus. Indes fragt ein Heinrich-Böll-Doppelgänger mit Baskenmütze und Ledertasche unter dem Arm einen Polizisten nach dem Weg. Er kann helfen.
14.06 Uhr: Geschafft! Ich bin drin, werde kurz gefilzt und muss noch warten bis Beamte uns zu unseren Plätzen führen. Das Musikkorps zieht Minuten später unter Applaus mit den Worten "Wir kommen ja gleich wieder" ab. Fähnchen werden vor dem Brandenburger Tor verteilt.
15.04 Uhr: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (67, SPD) betritt in Begleitung von seiner Frau Elke Büdenbender (61) den Pariser Platz.
Charles und Camilla kommen am Pariser Platz vor dem Brandenburger Tor an
15.10 Uhr: In einem gepanzerten Bentley kommen Charles und Camilla an und werden frenetisch und mit Fahnengewedel begrüßt.
15.17 Uhr: Das Musikkorps spielt unter anderem "God save the King" und die deutsche Nationalhymne. Gänsehaut! Der König nimmt mit Steinmeier die Parade ab. Im Anschluss herrscht weiter ehrfürchtiges Schweigen, als sich Charles und Camilla sehr grandios, sehr volksnah dem Publikum präsentieren.
Der König geht die Reihen auf der einen Seite des Blockes ab, seine Gemahlin flaniert an der anderen Seite. Fotos, kleiner Plausch und Händeschütteln? Kein Problem.
15.30 Uhr: Das war's. Der royale Zauber ist für die Masse vorbei. Einige sind enttäuscht, dass er nur so kurz war. Charles und Camilla verloren kein Wort. Seine Tischrede will der König am Abend beim Staatsbankett im Schloss Bellevue halten. Dem Vernehmen nach auch auf Deutsch, was er fließend, wenn auch ungeübt spricht.
15.35 Uhr: Noch ist der Ausgang verschlossen. Eine Frau erzählt mir, sie habe Your Majesty im Übereifer mit "Hey, Camilla" begrüßt und ihr dann die Hand gegeben. Die Königsgemahlin sah es wohl locker. "It's a pleasure", soll sie erwidert haben.
"Ich konnte die Queen persönlich treffen"
15.40 Uhr: Eine Familie mit Sohn spricht einen sehr jungen Mann im edlen Zwirn an. Auf Englisch. Er ist aber Deutscher und Praktikant im Bundestag. "Ich konnte die Queen persönlich treffen. Das war schön", sagt er. Er wolle mal Abgeordneter werden.
Als der junge Mann weitergeht, fragt der kleine Sohn: "Was kann man da denn arbeiten?". Der Vater nur: "Praktikant." Er werde später sicher mal Bundeskanzler.
Am Donnerstag wollen Berlins amtierende Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (44, SPD) und Bundeskanzler Olaf Scholz (64, SPD) das königliche Paar begrüßen, bevor es am Freitag für Charles und Camilla nach Hamburg geht.
Titelfoto: Kay Nietfeld/dpa