Ein Moin an den König: Charles III. Besuch in Hamburg ist ein "starkes Zeichen der Versöhnung"
Hamburg - Typisches Hamburger Schietwetter begrüßte König Charles (74) und Königsgemahlin Camilla (75) am Freitagmittag am Hamburger Dammtor-Bahnhof. Pünktlich (!) um 12.30 Uhr stiegen die beiden gut gelaunt und ganz umweltbewusst – schließlich ist Charles der Klima-König – aus dem ICE. Zahlreiche Fans begrüßten das Königspaar mit Jubelrufen und gezückten Handys. Nach einem kurzen Stop beim Denkmal "Kindertransport – der letzte Abschied" ging es in einem weinroten Bentley weiter zum Mahnmal St. Nikolai. TAG24 war vor Ort.
Das Gelände rund um die Ruinen der Kirche war weitläufig abgesperrt. An jeder Ecke standen mehrere Polizisten. Später flog auch ein Hubschrauber über die Köpfe der Menschenansammlungen. Selbst die Akkreditierten mussten eine Stunde vor König Charles' Ankunft noch einmal den Platz räumen, damit die angeforderten Sprengstoffhunde nicht abgelenkt werden.
Und dann war es so weit: Charles und Camilla betraten zusammen mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (67) und seiner Frau Elke Büdenbender (61) sowie dem Bürgermeister-Ehepaar Peter (57, SPD) und Eva-Maria Tschentscher (57) den Platz.
Zur Begrüßung sang der "Knabenchor St. Nikolai" die Hymne "If Ye Love Me" des englischen Komponisten Thomas Tallis und Hamburgs Bischöfin Kirsten Fehrs (61) sprach die "Versöhnungslitanei von Coventry".
Die Kirche wurde 1943 während eines Luftangriffes der Alliierten auf Hamburg zerstört und ist ein zentraler Erinnerungsort für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft der Jahre 1933 bis 1945.
Pastor Dr. Martin Vetter über Besuch des Königs: "Ein starkes Zeichen des Friedens!"
"Dieser Besuch ist etwas ganz Besonderes, weil König Charles ihn selbst gewählt hat. Er hat die Ziele der Reise bestimmt und dass er heute hier herkommt, ist ein starkes Zeichen der Versöhnung und des Friedens", sagte Pastor Dr. Martin Vetter gegenüber TAG24. "Und es ist ein Blick in die Zukunft, dass so etwas nie wieder geschehen soll."
König Charles ist der erste Monarch, der die St. Nikolai Kirche besucht. "Dass er es in diesem Jahr macht, ist auch noch einmal besonders. Wir begehen dieses Jahr 80 Jahre 'Operation Gomorrha'. Dadurch werden die ganzen Aktivitäten und der Wunsch nach Frieden nochmal in besonderer Weise unterstrichen."
Mit der Niederlegung dreier Blumenkränze gedachten Charles, Steinmeier und Tschentscher gemeinsam den Opfern.
Hunderte von Fans warteten am Hamburger Rathaus auf den König
Danach fuhr die Kolonne aus Charles Bentley und zahlreichen Polizeimotorrädern die paar Meter weiter zum Hamburger Rathaus. Am Rathausmarkt erwartete das Königspaar eine Traube aus Hunderten Fans, die unbedingt einen Blick auf den König erhaschen wollten.
Die ersten royalen Anhänger warteten bereits seit 9 Uhr morgens – ganz ohne Burger-King-Kronen, wie noch vor zwei Tagen in Berlin, dafür mit kleinen "Union Jack"-Flaggen, die zuvor verteilt worden sind.
Die Stimmung war ausgelassen und fröhlich. Ausrufe wie "Hamburg zeigt sich heute von seiner besten Seite" und "Es fehlt jetzt eigentlich nur noch eine Flasche Sekt" verbreiteten Heiterkeit, die allerdings einen kleinen Dämpfer erfuhr, als König Charles nach seiner von lauten Jubelrufen begrüßten Ankunft und ein, zwei Händeschüttlern mit direkt davor wartenden Fans gleich wieder im Rathaus verschwand.
Dort trugen er und Ehefrau Camilla sich ins Goldene Buch der Hansestadt ein.
"König Charles ist ein guter Mann, er tut vieles für die Umwelt und die jungen Leute."
"Ich dachte, er macht noch eine Runde" und "Das war's jetzt schon?" riefen die Leute. Auch Hamburgerin Karina, die mit ihrem Schild "City of Moins" – "Ich dachte, dass man auch den König in Hamburg mit einem Moin begrüßt. Vielleicht lernt er so ja auch noch etwas" – TAG24 sofort in Auge stach, zeigte sich enttäuscht. "Ich wollte schon gehen, aber jemand sagte, er kommt nochmal vorbei."
Und der Unbekannte sollte Recht behalten: Charles ließ seine Fans nicht im Stich. Er wählte eben die königliche Art der Begrüßung und erschien wenige Minuten später auf dem Balkon des Rathauses und machte mit seinem breiten Lächeln all die vorangegangene Enttäuschung wieder wett.
Margit West winkte König Charles begeistert zu und sagte gegenüber TAG24: "Ich als Engländerin bin ein großer Fan von der ganzen Familie, sie sind wie ein Teil unserer Familie. Charles ist ein guter Mann, er tut vieles für die Umwelt und die jungen Leute."
Die Wahl-Hamburgerin war erst vor Kurzem in London, um sich von der verstorbenen Queen (†96) zu verabschieden. Ihr Sohn sei ein ehrenvoller Nachfolger.
Zum Abschluss zapfte sich der König ein Bier
Nach ihrem Besuch im Rathaus gingen Charles und Camilla getrennte Wege. Der König schipperte mit dem Bundespräsidenten und dem Bürgermeister per Ausflugsschiff "Hamburg" zum ehemaligen Kohlekraftwerk Moorburg.
An Bord tauschte er sich mit Unternehmerinnen und Unternehmer zu den Themen grüne Energie und nachhaltige Hafenentwicklung aus, während Camilla mit Frau Büdenbender die Rudolf-Roß-Grundschule im Stadtteil Neustadt besuchen, die bilingual auf Deutsch und Englisch unterrichtet.
Der königliche Ausflug in der Hansestadt endete mit einem musikalischen Empfang der britischen Botschaft mit rund 1000 geladenen Gästen im Schuppen 52 im Hamburger Hafen.
Unter anderem trat der Hamburger Shanty-Chor und eine Hamburger Dudelsack-Band auf. Beim Auftritt der Beatles-Coverband "The Silver Spoons" zapfte sich der König höchstpersönlich ein Bier. Die Belohnung für einen gelungenen Deutschlandbesuch. Prost!
Nach Schätzungen der Polizei sollen circa 6000 Menschen den königlichen Besuch rund um die Hamburger Innenstadt live verfolgt haben.
Titelfoto: Ulrich Perrey/dpa