Morgen noch "Come to the Woods"-Festival, aber verlässt Christian Friedel bald Dresden?
Dresden - Der Schauspieler, Musiker und Regisseur Christian Friedel (45), Dresdner Publikumsliebling, ist spätestens durch den preisgekrönten Film "The Zone of Interest" ein veritabler Weltstar. Fans bangen: Ist er vor dem Absprung nach Hollywood?
Im TAG24-Interview erteilt Friedel diesen Befürchtungen eine Absage. Seiner Band Woods of Birnam will er die Treue halten. Am Samstag findet das bandeigene Festival "Come to the Woods" zum fünften Mal am Konzertplatz Weißer Hirsch statt (letzte Tickets online erhältlich). Den Auftakt werden Poly Ghost (Chemnitz) bestreiten - man wollte ganz bewusst einen sächsischen Slot, so Friedel.
Gleich zwei weitere Bands aus Sachsen beim Dresdner Festival am Start
TAG24: Herr Friedel, 2018 haben Sie mit Woods of Birnam das "Come to the Woods"-Festival aus der Taufe gehoben, in diesem Jahr steht die fünfte Auflage an. Ist es für Sie schon Routine oder immer noch etwas Besonderes?
Christian Friedel: Es ist immer noch besonders, weil es in jedem Jahr immer wieder anders ist. Weil wir es immer noch persönlich kuratieren, die Atmosphäre lieben und den Kontakt mit dem Publikum. Also sind wir in jedem Fall freudig aufgeregt.
TAG24: Sind die eingeladenen Bands, Musikerinnen und Musiker eigentlich immer befreundete Künstler, oder sind Sie und Ihre Bandkollegen mitunter "nur" Fans?
Friedel: Als wir begonnen haben, waren es zunächst tatsächlich Freunde. Aber wir haben das Konzept schon bald erweitert und wollen es in den nächsten Jahren noch mehr ausbauen. So sind auch Acts dabei, die wir einfach gut finden. Wir wollten unbedingt den sächsischen Nachwuchs fördern und haben aufgerufen, sich für einen Slot zu bewerben.
Die Resonanz war riesig! Jetzt haben wir gleich zwei Bands aus Sachsen ausgewählt: Poly Ghost werden die Hauptbühne eröffnen und die Kurkapelle Sonnendeck die Aftershow-Party. Dann ist Robert Gwisdek mit dabei, mit dem ich zuletzt einen Film gedreht habe. Er tritt als Käptn Peng erstmals solo auf, ohne Band. Wir sind sehr gespannt, was er macht, er ist immer für Überraschungen gut.
Und wir freuen uns sehr auf Wallis Bird. Sie hätte vor ein paar Jahren schon beim Festival spielen sollen, als wir ein rein weibliches Line-up geplant hatten. Das kam dann wegen der Corona-Ausfälle nicht zustande. Sie ist eine sehr energetische, tolle Sängerin. Und bei der Aftershow-Party wird Lars Eidinger wieder als DJ auflegen.
Er ist quasi ein musikalischer Freund aus der Filmbranche. Er war vorletztes Jahr schon einmal dabei und als wir ihn für dieses Jahr wieder gefragt haben, hat er sofort zugesagt. Sofort!
Christian Friedel über Come to the Woods: "Wenn es mal Ausreißer gibt, dann ist das gewollt"
TAG24: Wie geschieht die Auswahl? Basisdemokratisch, müssen sich alle einig sein?
Friedel: Ja. Wir sitzen dann zusammen, hören gemeinsam die Musik und führen intensive Gespräche darüber. Das ist nicht immer unanstrengend. Es ist aber ein Prozess, der sich lohnt. Es ist einfach schön, dass auf diese Weise künstlerisch alles in unseren Händen liegt. Und das Publikum weiß das auch zu schätzen, das merken wir.
TAG24: "Come to the Woods" ist als Indie-Pop-Festival konzipiert, was ein dehnbarer Begriff ist. Spielt es eine Rolle, ob das Line-up homogen klingt?
Friedel: Wenn es mal Ausreißer gibt, dann ist das gewollt. Wir hatten ja schon viele Genres dabei, Indie-Rock, Indie-Pop, auch Klassik. Schließlich vereinen wir als Band ebenfalls allerlei Genres. Diesmal gibt es Hiphop, Elektro-Pop, Singer-Songwriter. Und mit der Kurkapelle Sonnendeck geht es sogar in Richtung Jazz. Die Mischung ist sehr bunt.
TAG24: Was werden Wood of Birnam selbst spielen? Vergangenes Jahr haben Sie ja das damals neue "Dorian"-Album erstmals in Dresden live präsentiert, das geht diesmal nicht mehr.
Friedel: Das stimmt (lacht). Wir gehen zurück zu unseren Anfängen. Unser Debütalbum wird zehn Jahre alt. Das werden wir feiern und es komplett spielen.
TAG24: Sie selbst waren mit dem Erfolgs-Film "Zone of Interest" zuletzt auf großen Schauplätzen präsent, in Cannes oder bei der Oscar-Gala in L.A.. Wird der Konzertplatz Weißer Hirsch nicht langsam zu klein?
Friedel: Nein, ich finde die Atmosphäre dort sehr schön, das Publikum liebt es auch. Die Frage stellt sich erst, wenn man der Nachfrage nicht mehr Herr wird. Noch hält sich das die Waage, wir sind gut ausverkauft. Und schließlich muss sich ein Festival ja etablieren, gerade bei der großen Konkurrenz im Sommer.
Außerdem lieben die Dresdner Traditionen. Wenn eines Tages der Run auf die Tickets zu groß wird, wollen wir das Festival nicht verlagern, können uns aber vorstellen, es auf zwei Tage zu erweitern.
Darum ist es "ein Geschenk, so eine Band zu haben"
TAG24: Aber Herr Friedel, die Frage war doch ganz anders gemeint ...
Friedel: Ich weiß (lacht). Habe versucht, es geschickt zu umschiffen.
TAG24: Dann nochmal: Nach dem weltweiten Erfolg von "Zone of Interest" haben Sie gerade die dritte Staffel der ebenfalls gelobten US-Serie "The White Lotus" abgedreht. Werden wir Sie auf kurz oder lang an Amerika verlieren?
Friedel: Nein, ich glaube nicht. Ich bin nicht abgeneigt, weitere internationale Produktionen zu machen, wenn es entsprechende Angebote gibt. Da werde ich von Agenturen in den USA und Großbritannien unterstützt. Ich versuche aber, die Band und unsere Company immer im Fokus zu behalten.
Ihre Basis ist in Dresden, so bleibt meine Basis eben auch in Dresden. Es ist ein Geschenk, so eine Band zu haben. Wir sind Freunde, fast eine Familie. Das will ich mir bewahren. Also: Machen Sie sich keine Sorgen!
TAG24: Was plant die Band denn als nächstes, gibt es schon ein neues Projekt?
Friedel: Ich dramatisiere gerade Stanislaw Lems Science-Fiction-Roman "Solaris" fürs Theater und werde auch Regie führen, am Schauspiel Frankfurt. Dafür arbeiten wir an neuer Musik. Es wird hoffentlich auch ein Album daraus entstehen. Dann haben wir neuen Stoff fürs Festival im nächsten Jahr.
TAG24: Für dieses Jahr wünsche ich vor allem gutes Wetter.
Friedel: Danke. Aber am Konzertplatz Weißer Hirsch ist immer gutes Wetter, selbst wenn es regnet.
Einlass 16 Uhr, es sind nur noch wenige Restkarten erhältlich.
Titelfoto: Fotomontage: Sebastian Kahnert/dpa//Christian Juppe (2019)