ZDF-Talk zum Fall Till Lindemann: Ist Künstler-Boykott der richtige Weg?
Berlin/Mainz - Nach den Vorwürfen gegen Till Lindemann (60) tobte eine zum Teil hitzig geführte Debatte über den Umgang mit dem bedenklichen Verhalten von Künstlern. In den sozialen Netzwerken wurde der Rammstein-Sänger vorverurteilt und moralisch hingerichtet. In einer Ausgabe der ZDF-Diskussionssendung "13 Fragen" ist die Causa der Aufhänger.
Moderator Jo Schück (43) lädt sechs Gäste mit konträren Positionen ein, um über aktuelle gesellschaftliche Themen zu diskutieren.
In der Folge geht es konkret darum, welche Verantwortung Fans, Industrie und Politik bei schweren Anschuldigungen wie Machtmissbrauch und sexuelle Übergriffe gegen Stars tragen.
Der Host und die Gesprächskontrahenten stellen sich der brisanten Frage: "Nach den Rammstein-Vorwürfen: Sollten wir mehr boykottieren?"
"Wie viel lyrisches Ich steckt in der Privatperson Lindemann? Und wenn es um problematische Kunstschaffende geht, dann stellt sich schnell die Frage: Wie sollen wir damit umgehen?", heißt es in der Pressemitteilung des Senders. "Mit der Kunst an sich? Aber auch den Menschen, die sie machen?"
Das sind die Gäste der Folge:
- Unico ist YouTuber
- Katharina Mückstein arbeitet als Regisseurin und Drehbuchautorin
- Donna Savage ist Rapperin und Kunststudentin
- Torsten Groß ist Musikjournalist, arbeitet unter anderem für den "Rolling Stone"
- Alexander Prinz, bekannt als Der Dunkle Parabelritter, ist YouTuber
- Bela Teqiz ist Musikerin und Rammstein-Fan
"Ich finde, man sollte trotzdem auf Rammstein-Konzerte gehen, weil es um Kunst geht", findet Tequiz mit Blick auf ein nicht bewiesenes Fehlverhalten. Mückstein, die sich seit Jahren gegen sexualisierte Gewalt einsetze und im Juli an der Demo gegen das Rammstein-Konzert in Wien beteiligt war, hält dagegen. Sie habe die "Schnauze voll davon", denn "Rammstein ist nur ein Teil dieser Debatte".
ZDF: "Nach den Rammstein-Vorwürfen: Sollten wir mehr boykottieren?"
Gleichwohl könne die Regisseurin verstehen, "dass es für Fans eine super unangenehme Situation ist, wenn man realisieren muss, dass eine Person, die man bewundert, womöglich ein Gewalttäter ist".
Alle in der Gesellschaft stünden in der Verantwortung, weshalb sie an einen moralischen Kompass appelliert, der ausformuliert und eingehalten gehöre.
Nach Meinung von Unico sind Boykotte ein wichtiges Instrument in der Entertainment-, Kunst- und Kulturbranche. Seiner Einschätzung nach besitzt Deutschland zwar ein gutes Rechtssystem, jedoch könne nicht jedes moralische Fehlverhalten juristisch belangt werden. "Da greift dann das Kollektiv ein."
Hinweis: In der Debatte um Till Lindemann gibt es mittlerweile rechtliche Klarheit. Das Ermittlungsverfahren "wegen des Verdachts der Begehung von Sexualdelikten wie auch Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz" gegen den 60-Jährigen wurde im August 2023 eingestellt.
Die Auswertung der Beweise habe keinen hinreichenden Tatverdacht ergeben. Die Sendung war aber vor Einstellung der Ermittlungen aufgezeichnet worden.
Der komplette Talk mit Jo Schück über Boykott als Protestmittel und der Suche nach konstruktiven Lösungen ist kostenlos in der ZDF-Mediathek abrufbar.
Titelfoto: Malte Krudewig/dpa