Pforzheim - René Weller (68) ist eine Boxlegende. Er war der schöne René, der Fokussierte und der Macho. Was ist heute noch von dem Mann übrig, der einst ein gefeierter Fighter war? TAG24 hat mit seiner Frau Maria Weller (69) gesprochen.

René Weller leidet an Demenz. Das heißt sein Gedächtnis arbeitet nicht mehr effektiv, er kann sich Dinge nicht mehr merken. Wie steht es wirklich um die Boxlegende?

"Er kann nichts mehr alleine. Er weiß auch nicht, ob es morgens, mittags oder abends ist", erklärt seine Ehefrau Maria. Das Essen und Trinken vergesse er und sie erinnert ihn daran. "Er kann sich auch keinen Kaffee mehr machen". Nur wo die Keks-Dose schon seit Jahren steht, weiß er noch. Wie vor einem kleinen Kind versteckt die fürsorgliche Frau die Kekse vor ihm. "Er lebt in seiner eigenen Welt".

Dass Maria ihren Mann einmal pflegen wird, war ihr sicher nicht klar, als sie das erste Mal in jungen Jahren neun Monate zusammen waren.

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"Er hat 28 Jahre um mich gekämpft", schwelgt Maria in Erinnerungen. René rief sie jahrelang lang immer wieder an, fand sogar ihre Geheimnummer heraus, bis es schließlich funkte und die beiden ein Paar wurden.

Von seinen Macho-Allüren, seiner Ausdauer und seinem Kampfgeist ist heute kaum mehr etwas übrig geblieben. Die Demenz hat ihm die Gegenwart genommen. "Er lebt in seiner Vergangenheit".

Manchmal kommen aber doch noch Charakterzüge durch. "René beginnt dann mich zu kommandieren und sagt: 'ich will Kuchen' oder 'Bring mir Kaffee' oder auch 'Räum den Teller weg'". Seine Frau schmunzelt dann, früher hat sie Kontra gegeben.

Maria erinnert sich noch genau daran, wie ihr Mann sie unterstützte, als sie mit ihrem Job als Journalistin zu sehr unter Druck geriet.

Er sagte dann zu ihr: 'Komm, gib den Job auf und den Firmenwagen zurück. Ich kaufe dir einen Wagen'. Damals stärkte Rene ihr den Rücken, heute ist es anders herum.

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Der gefeierte Boxer teilte während seiner Karriere ordentlich aus, nun muss er offenbar mächtig einstecken. Neunmal wurde René Deutscher Meister, Vize-Europameister bei den Amateuren und Deutscher Meister und zweimal EBU-Europameister bei den Profis, bis er 1993 seine Karriere beendete und sich TV-Formaten widmete. Bei "Das Sommerhaus der Stars", "Promi Dinner" oder "Mieten, Kaufen, Wohnen" nahm er gemeinsam mit Maria teil.

Heute sagt ihm seine Frau, dass es wieder Zeit sei, sich die Haare zu kämmen, Zähne zu putzen oder sich zu waschen. Die Hülle des berühmten Linksauslegers beginnt sich zu verändern. Sein aufrechter Gang, den seine Frau so bewundert hat, ist unsicher geworden. In die Dusche stellte sie einen Hocker aus Sandstein, damit er sich beim Waschen setzen kann.

Früher konnten Fans seine Halsschlagader vor einem Kampf pulsieren sehen, heute zittert sein Bein, wenn er aus der Dusche steigt. "Es ist schon sehr traurig", sagt Maria, doch sie hat sich damit abgefunden.

Die Schock-Diagnose kam schon 2014. Doch da war Rene nur etwas vergesslicher. Vor zwei Jahren wurde es dann richtig schlimm, erinnert sich Maria an den ersten Lockdown und den Tod ihrer geliebten Hündin Bella. "Sie war wie ein Kind für uns." Die Krankheit schritt dann sehr schnell voran.

"Seitdem bin ich nicht mehr die Alte. Ich habe einen Knick in der Seele, der mir die Energie raubt. Geistig habe ich auch meinen Mann verloren", sagt sie mit tränenerstickter Stimme.

Heute schließt Maria die Wohnungstür ab, damit René nicht herausgeht und durch Pforzheim irrt. Nur noch sehr alte Freunde erkennt er und auch an ihnen hat er schon das Interesse verloren.

"Ich lebe mein Leben und ich weiß, dass er mich eines Tages verlassen wird", sagt Maria voller Klarheit.

Manchmal an klaren Tagen, kontert Rene, ganz der Alte: "Du überlebst mich nicht". Dann lachen sie zusammen. Doch das gemeinsame Lachen ist seltener geworden. "Seine Energie ist ausgesaugt von der heimtückischen Krankheit".

Aufgeben und René in ein Pflegeheim geben, kommt für sie nicht infrage, auch wenn die Pflege für sie belastend ist und sie körperlich leidet.

Für alle Eventualitäten hat sie Vorkehrungen getroffen. Freunde haben eine Generalvollmacht und kümmern sich um René, sollte Maria etwas zustoßen. Ihren Umzug nach Hannover hat sie erstmal verschoben. "Ich will René nicht aus seinem gewohnten Umfeld reißen".

Seine letzte Runde eröffnete er wieder mit einem Paukenschlag. "Rene stand ja ständig in der Öffentlichkeit und sorgte für Aufreger. Nun macht er zum Schluss auch wieder Schlagzeilen", sagt Maria Weller lachend.

"So bin ich. Dann werden sie mich nicht vergessen", meinte René vor einiger Zeit.