Essstörung und Psychotherapie! Sophia Thiel spricht über schweren Kampf

München - Sophia Thiel (26) hatte es als das bisher "wichtigste, intimste und privateste Video überhaupt" beschrieben, nun ist es online - und wird der Ankündigung gerecht. Die Influencerin offenbart darin, dass sie an einer Essstörung leidet.

Den Tränen nahe: Sophia Thiel (26) spricht in ihrem YouTube-Video über ein sehr wichtiges Thema - und das nicht nur für sie.
Den Tränen nahe: Sophia Thiel (26) spricht in ihrem YouTube-Video über ein sehr wichtiges Thema - und das nicht nur für sie.  © Screenshot YouTube/Sophia Thiel

"So lange konnte ich nicht darüber sprechen, doch mit diesem Video breche ich mein Schweigen", ist in der Beschreibung des Videos auf dem offiziellen YouTube-Kanal der gebürtigen Rosenheimerin zu lesen. Und weiter: "Ja, ich habe eine Essstörung und ich bin mehr als froh, dass es endlich raus ist."

Thiel erklärt direkt zu Beginn zunächst, dass sie zwar aufgeregt sei, sich aber auch freue, denn sie habe "sehr lange auf diesen Moment gewartet". Sie habe zwar in ihrem ersten Video nach ihrer langen Pause bereits vieles erklärt, aber noch nicht alles.

Nun war die hübsche Wahl-Münchnerin allerdings dazu bereit, selbst den nächsten Schritt zu machen und sich in diesem ihren vielen Followern nicht nur anzuvertrauen, sondern zudem ausgiebig über eine Thematik zu sprechen, die von gesellschaftlicher Bedeutung ist, jedoch oft zu wenig Aufmerksamkeit erhält oder von manchen als nichtig abgetan wird.

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Die 26-Jährige ist demnach "mega stolz auf sich selbst", nach all der Zeit endlich offen über ihre Erkrankung sprechen zu können. Sie werde deshalb in Zukunft mehr über das Thema und psychotherapeutische Lösungen sprechen, erklärt Thiel, die auf diese Weise vor allem aufklären will. Wichtig sei dabei, die Hemmschwelle zu senken und zudem den Menschen die Berührungsängste zu nehmen.

"Ich hatte so lange diesen Kampf mit mir selbst, dass ich es nicht sagen konnte und ich bin erst jetzt an dem Punkt angekommen, an dem ich es unbedingt tun will, weil ich weiß, dass da draußen ganz viele von Euch sind, die vielleicht unter etwas Ähnlichen oder sogar dem Gleichen leiden", führt die Bayerin aus, die ihre Reichweite nutzen will, um Menschen, die Probleme in dieser Richtung haben, eine Hilfestellung bei der Suche nach einer Lösung zu bieten.

Sophia Thiel schwerer Weg: Essstörung bei Influencerin hat sich schleichend entwickelt

Erfolgreich, bis in die Haarspitzen austrainiert und immer gut gelaunt: So kennen viele Menschen Sophia Thiel (26) - es ist nur die halbe Wahrheit.
Erfolgreich, bis in die Haarspitzen austrainiert und immer gut gelaunt: So kennen viele Menschen Sophia Thiel (26) - es ist nur die halbe Wahrheit.  © Sven Hoppe/dpa

Bei ihr selbst habe sich die eigene Essstörung eher schleichend entwickelt. "Ich hatte schon seit meiner Kindheit ein sehr instabiles Essverhalten", schildert Thiel. "Ich bin dann während meiner Schulzeit sogar in eine Magersuchtsrichtung hineingerutscht."

Damals habe sie teilweise weniger als 50 Kilogramm gewogen, ehe sie schließlich zum Bodybuilding gekommen sei. "Ich habe dann gedacht, ich habe den Schlüssel für mich gefunden", erklärt sie. Dies sei anfangs auch der Fall gewesen. Thiel spricht von einer Leichtigkeit, von einer inneren Überzeugung.

Problematisch seien hierbei aber die wachsenden Ansprüche an sich selbst gewesen - etwas, das laut eigener Aussage in ihrer Persönlichkeit verankert wäre. Kein Fortschritt sei genug gewesen, das Streben nach Perfektion ein zentraler Bestandteil.

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Hinzu sei natürlich der Erfolg auf den Social-Media-Plattformen gekommen, der den letztlich durchaus problematischen Leistungsgedanken zur Steigerung des Selbstwertgefühls nur noch verstärkt habe.

"Ich habe meinen eigenen Selbstwert darüber definiert", blickt Thiel, die sich erst kürzlich einem kleinen Umstyling unterzogen hatte, in ihrem neuesten Video zurück. Die Folge sei eine "handfeste Essstörung" gewesen. "Ich habe das nicht kommen sehen, es war ein sehr, sehr schleichender Prozess. Ich kann auch nicht genau sagen, wann es angefangen hat. Es war zwar nicht der einzige, aber ein großer Punkt, warum ich dann in die Auszeit gegangen bin."

Sophia Thiel dachte Psychotherapie sei ihr "Todesstoß" als Influencerin

Sophia Thiel (26) gewährt in ihrem neuesten Video einen tiefen Einblick in ihre Gefühlswelt, will Augen öffnen und helfen.
Sophia Thiel (26) gewährt in ihrem neuesten Video einen tiefen Einblick in ihre Gefühlswelt, will Augen öffnen und helfen.  © Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa

Es war ein Kampf, den sie nicht in der Öffentlichkeit austragen wollte - trotz der Unterstützung ihrer Fans. "Es war so auch viel Scham damit verbunden", erklärt Thiel, die sich schwer damit tat, sich ihre großen Probleme vollumfänglich einzugestehen.

Je mehr sie versucht habe, einfach nur weiter zu machen, ihr Schwarz-Weiß-Denken durchzuziehen, je schwieriger sei es für sie geworden. Bis zu einem Punkt, an dem es laut den Schilderungen der 26-Jährigen keinen anderen Ausweg mehr gab, als sich zurückzuziehen und mit sich ins Reine zu kommen.

Bei der Essstörung, die sich bei ihr ausgebildet habe, handele es sich um Bulimia nervosa. Typisch sind für diese Form der Erkrankung wiederholte Episoden von Heißhungeranfällen oder Essattacken. Auch Verhaltensweisen wie selbst herbeigeführtes Erbrechen können als ein Bestandteil auftreten.

"Es war wie ein Dämon in mir, der mich einfach handlungsunfähig gemacht hat", schildert Thiel. Sie habe nahezu alles versucht - Coachings, Mentoren, Beratungen und sogar spirituelle Ansätze. "Ich habe wirklich alles versucht, um Antworten zu finden."

Letztlich habe sie sich für eine Psychotherapie entschieden. Einfach sei dies allerdings zunächst keinesfalls gewesen.

"Eine Therapie wahrzunehmen war für mich zunächst - mit dem komischen Stigma, das anhaftet - wie ein Todesstoß." Thiel dachte, ihre Zeit als Influencerin wäre aufgrund ihrer Erkrankung und des nun beschlossenen Schrittes beendet. Sie lag falsch damit. "Ich habe mich geärgert, es nicht viel früher gemacht zu haben." Dafür will sie die Augen öffnen.

Psychotherapie für Sophia Thiel der wohl wichtigste Schritt im Kampf mit ihrer Essstörung

Sophia Thiel (26) hatte ihr neues YouTube-Video als das bisher "wichtigste, intimste und privateste Video überhaupt" angekündigt.
Sophia Thiel (26) hatte ihr neues YouTube-Video als das bisher "wichtigste, intimste und privateste Video überhaupt" angekündigt.  © Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/ZB

Die Psychotherapie sei die beste Entscheidung gewesen, die sie hätte treffen können. Deshalb wolle sie das Bewusstsein von Betroffenen, aber auch nicht erkrankten Menschen dafür schärfen.

"Ich würde es jedem da draußen empfehlen und ich habe mich geärgert, dass ich es nicht schon viel, viel früher in Anspruch genommen habe", sagt Thiel. Um alles selbst noch besser verarbeiten zu können, hat die 26-Jährige auch angefangen, zu schreiben.

Herausgekommen ist dabei ein Buch, das im Video vorgestellt wird. "Für alle, die nun denken 'Ah, jetzt hat sie was, was sie in die Kamera hält und was verkaufen möchte' sage ich gleich: nein", so Thiel.

Die Bedeutung eines entsprechenden Ventils, das natürlich von Person zu Person stark variieren kann, dürfte ungeachtet der Wahl der Influencerin kaum zu bestreiten sein. Manche beginnen etwa mit dem Schreiben, andere vertiefen sich hingegen in der Kunst, auch Sport kann für Erkrankte ein individuell sehr wichtiges Hilfsmittel sein. Es gibt keine klaren Richtlinien, jede psychische Erkrankung ist anders.

"Es liegt mir einfach so sehr am Herzen, dass man einfach darüber spricht, was man hat", wird Thiel, die die Tränen an diesem Punkt kaum mehr zurückhalten kann und sich in der Folge kurz sammeln muss, deutlich. "Wisst Ihr, jeder Mensch da draußen, wenn man wirklich ehrlich zu sich selbst ist, hat ein Paket, das er mit sich herumschleppt. Jeder. Mal größer, mal kleiner. Ich finde, es sollte normal werden, dass man dazu steht und offen und ehrlich darüber redet."

Sophia Thiel will über psychische Erkrankungen auch in Zukunft aufklären und ihre Reichweite nutzen

Es müsse eher "cool" sein, dass man über seine Probleme oder Baustellen rede. "Es sollte normal sein, dass man zu einem Therapeuten geht." Die mentale Gesundheit werde jedoch weiterhin oftmals erheblich unterschätzt. "Es gibt nicht nur Essstörungen, es gibt auch Depressionen, Angststörungen mit Panikattacken und noch diverse andere Erkrankungen."

Thiel will vorangehen. Sie werde das Thema nun immer wieder ansprechen, darüber aufklären und so versuchen, das Bewusstsein zu schärfen. Auch im Hinblick auf die Wirkung von Social-Media-Plattformen, die oft ein verzerrtes und gefährliches Ideal vermitteln. Es ist ein offenes und ehrliches Statement, das hoffentlich seine Wirkung nicht verfehlt.

Titelfoto: Screenshot YouTube/Sophia Thiel

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