"Gehöre hier nicht mehr hin": Warum das "splash!" für Sido lange Zeit ein Tabu war
Gräfenhainichen - In nur drei Wochen werden Sänger, DJs und Rapper in Ferropolis wieder die Beats aufdrehen. Dass die Geschichte von Europas größtem Hip-Hop-Festival schon mehr als 25 Jahre zurückreicht, ist jedoch den Wenigsten bewusst. In der zweiteiligen Doku "Größer als Hip-Hop: Die Geschichte des splash!-Festivals" zeigt MDR die Ups und Downs des legendären Festivals aus Chemnitz.
Was 1998 als eintägiger Jam in einem Jugendhaus mit 1300 Zuschauern begann, gehört mittlerweile zum Pflichtprogramm eines Rap-Fans: Das "splash!"-Festival.
"Es war ja wirklich so, dass Leute aus der Szene gesagt haben: 'Niemals! Ihr habt keine Chance, ihr werdet komplett vor die Wand fahren'", erinnerte sich Geschäftsführer Mirko Roßner in der MDR-Doku-Reihe.
Doch wider Erwarten fassten sich der Chemnitzer und sein Team ein Herz, nahmen das Ding selbst in die Hand und veranstalteten 1999 am Stausee Oberrabenstein Deutschlands erstes Hip-Hop-Festival.
Nachdem in dem Jahr gleich vier Alben aus der Szene in den Top Ten gelandet waren, pilgerten rund 10.000 Menschen an den Chemnitzer See. Das Festival wurde ein voller Erfolg und schon im Jahr darauf gelang es, die Besucherzahlen zu verdoppeln, sodass schon bald eine neue Location hermusste.
Das Festival zog zunächst auf die stürmische Halbinsel Pouch in Anhalt-Bitterfeld, bevor es schließlich zwischen gigantischen Baggern in Ferropolis in Gräfenhainichen ein Zuhause fand.
Trotz alledem war die Geschichte des "splash!" keinesfalls von Erfolg gezeichnet. Seien es Fauxpas im Umgang mit Künstlern, Vorwürfe, zu kommerziell geworden zu sein, oder auch der drohende Bankrott. Das Festival musste so einiges einstecken und überstehen!
Berliner Straßen-Rapper mischen das "splash!" auf
Nur kurze Zeit nach den erfolgreichen Anfangsjahren mischten die Straßenrapper des Independent Labels "Aggro Berlin" das sächsische Festival auf.
"Da gab's ein Zelt, in dem an dem Freitag oder Samstag alle Berliner aufgetreten sind, die man nicht auf der Hauptbühne auftreten lassen wollte", erinnerte sich Sido (43) an den Einzug des Berliner Raps 2004.
Auch Bushido (45) war damals mit seiner Crew am Start und sorgte für Unruhe auf dem Festival und im Backstage.
Es kam zu einem Messervorfall, bei dem zwar niemand verletzt wurde, der es den Berlinern aber erschwerte, einen Auftritt beim "splash!" zu bekommen.
"Für uns war das anstrengend. Die haben Stress bereitet", so Mirko Roßner. "Wir hatten wirklich Situationen, die man als Veranstalter einfach nicht haben möchte."
"Bringen wir es hinter uns!": Besucher bewerfen Sido bei seinem Auftritt 2005
Der Einzige, der wiederkommen durfte, war Sido.
Auch er war mit dem Umgang der Veranstalter unzufrieden. Als ihn die Besucher des Festivals 2005 dann auch noch ausbuhten und mit Dingen bewarfen, zog er ein klares Urteil:
"Da kamen Dinge geflogen, viele. Irgendwann trifft mich was. Dann habe ich gesagt: 'Stopp. Macht bitte das Licht aus, Spot auf mein Gesicht. Jetzt alles, was ihr habt, werft es. Bringen wir es hinter uns", erzählte er 2017 im "splash!"-Mag.
"Das Resümee, was ich daraus gezogen habe, ist: Ich gehöre hier nicht mehr hin."
Der Berliner sei dem Hip-Hop-Publikum einfach zu kommerziell geworden. Nach diesem Abend entschloss er, nie wieder auf dem Festival aufzutreten.
Erst 12 Jahre später kehrte er auf die "splash!"-Bühne zurück, nachdem er 2017 mit Kool Savas, der nun schon 20 Jahre lang als Stammgast des "splash!" gilt, ein Album veröffentlichte. "Ich bin wieder da! Oh und die Sachen fliegen wieder. Machen wir da weiter, wo wir aufgehört haben", scherzte er damals.
Auch in diesem Jahr möchte das Festival ab dem 3. Juli gemeinsam mit all seinen Fans Rap und Hip-Hop feiern.
Wie es zu dem geworden ist, was es heute ist und welche Hürden es sonst noch zu meistern galt, zeigt die Doku "Größer als Hip-Hop: Die Geschichte des splash!-Festivals", die es kostenlos in der ARD-Mediathek zu sehen gibt.
Titelfoto: Bildmontage: MDR/Red Tower Films, Fabian Sommer/dpa