Kurt Krömer bei "Maischberger": "Ich dachte, so fühlt sich Sterben an"

Berlin - Brisantes Thema am Dienstagabend bei "Maischberger": Die Corona-Pandemie hat 2021 zu einem Höchststand an Arbeitsfehltagen wegen psychischer Erkrankungen geführt. Über seine Depression und den Kampf dagegen sprach Studiogast Kurt Krömer (47) ganz offen mit Moderatorin Sandra Maischberger (55).

Sandra Maischberger (55) lud auch am Dienstagabend wieder zum Talk im Ersten.
Sandra Maischberger (55) lud auch am Dienstagabend wieder zum Talk im Ersten.  © WDR/Thomas Kierok

"Es gab so Momente, in denen ich mich geschämt habe, obwohl es doch beruflich und familiär gut lief", sagte der beliebte Komiker in der ARD-Talksendung. "Das ist der Reflex, den Depressive oft haben: Anderen geht es schlechter als mir."

Auf die Frage, wie es ihm gehe, habe er oft gelogen, erklärte der Bestseller-Autor rückblickend, der jahrelang an Depressionen gelitten und erst vergangenes Jahr in der Öffentlichkeit darüber gesprochen hatte. "Ich wollte nicht, dass Leute wissen, dass es mir nicht gut geht."

Alexander Bojcan, wie der gebürtige Berliner mit bürgerlichen Namen heißt, wusste nach eigenen Angaben vor der Diagnose nicht, was mit ihm nicht stimmte. "Mir ist alles durch den Kopf gegangen. Ich habe teilweise auch gedacht, ich bin bösartig. Wenn alles gut ist, aber du immer pampig bist und herumnölst, dann denkst du einfach von dir: Ich bin undankbar und böse."

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Ein depressiver Mensch sei "unglaublich perfektionistisch", führte der "Chez Krömer"-Moderator weiter aus. "Ein depressiver Tag kann zu 98 Prozent gut sein, aber wenn etwas zu zwei Prozent nicht gut läuft, dann stürzt sich ein Depressiver auf die zwei Prozent und du kannst ihm noch so häufig sagen, dass alles doch nicht so schlimm sei."

Der Autor von "Du darfst nicht alles glauben, was du denkst. Meine Depression" erinnerte sich in der Sendung auch an seinen Zusammenbruch, als er nach einer ARD-Weihnachtsfeier in der Münchner Innenstadt spazieren ging. "Ich habe mich nicht gesehen, aber ich wusste, ich bin kreidebleich. Ich habe geschwitzt, im Winter. Ich dachte, so fühlt sich Sterben an. Ich werde jetzt auf den Boden fallen und dann bin ich tot."

Krömer habe dann laut Weihnachtslieder gesungen, um sich wach zu halten. "Das war die erste krasse Panikattacke, die über eine Stunde andauerte."

Verpasst? Ganze Folge in der ARD-Mediathek verfügbar

Kurt Krömer (47) sprach bei "maischberger" über seine Depression und Alkoholkrankheit.
Kurt Krömer (47) sprach bei "maischberger" über seine Depression und Alkoholkrankheit.  © WDR/Oliver Ziebe

Das Gespräch kam auch auf das Thema Alkoholsucht. Im Kampf gegen die Krankheit habe er demnach zur Flasche gegriffen, erläuterte der alleinerziehende Vater, der seit knapp elf Jahren trocken sei. Er "habe unterbewusst versucht, mit Alkohol die Depressionen wegzutrinken", erklärte der Schauspieler.

So habe er vor einem "schlecht verkauften Auftritt" in Norderney acht Bier getrunken, berichtete Krömer, weil er "keinen Bock" hatte.

"Ich hatte so einen Moment, in dem mich der Alkohol gar nicht mehr betrunken gemacht hat. Ich war einfach nur noch scheiße drauf. Ich stand als Komiker auf der Bühne und dachte bei mir: Die ärmste Sau hier in diesem Saal bist eigentlich du", lautete seine Selbsterkenntnis.

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Da habe er gemerkt, dass dies als Humorist keine Perspektive sei und es so nicht weitergehe.

Im Herbst 2020 sei er dann mit einer schweren Depression acht Wochen in eine psychiatrische Klinik gekommen, weil er nach eigenem Bekunden an manchen Tagen das Bett gar nicht mehr verlassen konnte. Bis heute lasse er sich therapeutisch behandeln, beteuerte der gebürtige Neuköllner.

Das rät er auch Betroffenen, auch wenn er selbst zunächst mit Ängsten gekämpft hatte – aus der unbegründeten Sorge heraus, die Ärzte könnten ihm in der Klinik seine als Künstler wichtige "Vollmeise" nehmen, wie er es nannte, "und danach gehe ich hier aus der Klinik und sage: Ich möchte jetzt in einer Behörde arbeiten."

Diese Skepsis wurde ihm sofort genommen. "Das Erste, was der Therapeut in der Klinik gesagt hat, war: Die Meise können Sie behalten, den Rest machen wir weg", erinnerte sich der Comedian im Gespräch mit der Talkmasterin. Auch als Krömer später einen Rückfall befürchtete, konnte der Therapeut ihn mit den Worten "Sie haben nur einen Scheißtag gehabt" beruhigen.

Sendung vom Dienstagabend verpasst? Kein Problem: Sie ist in der ARD-Mediathek zu sehen.

Titelfoto: WDR/Oliver Ziebe

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