Muriel Baumeister geschockt: "Kannst dich zu Tode saufen, der Staat verdient dran!"
Leipzig - Schauspielerin Muriel Baumeister (48) hat das hinter sich, was rund 1,77 Millionen andere Menschen in Deutschland nicht schaffen: Sie hat den Alkohol hinter sich gelassen, ist seit mehr als zwei Jahren trocken. Sie prangert heute vor allem den einfachen Zugang zu Alkohol an. Das erklärte sie auch am Freitagabend im MDR-Riverboat.
"Wir sind auf jeden Fall zu tolerant. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Alkohol ist die Volksdroge Nummer eins, du kannst dich zu Tode saufen und der Staat verdient dran. Das prangere ich an und das kann nicht richtig sein!", so die 48-Jährige, die selbst einen kalten Entzug hinter sich hat.
"Jeder Mensch ist natürlich sein eigener Herr oder seine eigene Herrin. Aber: Länder wie Norwegen regeln das ganz klar: Kein Alkohol in der Öffentlichkeit, nicht in der U-Bahn, es gibt bestimmte Läden, in denen man Alkohol kaufen kann. Warum muss an einer Tankstelle in Deutschland 24 Stunden am Tag Alkohol verkauft werden?"
Und weiter: "Ich sage nicht, dass der Staat das für jeden Bürger regeln soll. Aber ich sage, dass die Menschen in Problemsituationen mehr abgeholt gehören. Es kann aber nicht sein, dass der Staat an der Sucht mitverdient über Steuern. Ich finde, dass man den Leuten mehr Rückendeckung geben muss und mehr Aufklärung geben soll."
Muriel Baumeister: "Jeder Alkoholiker lügt!"
Baumeister weiß selbst am besten, wie es ist, Alkoholiker zu sein und jeden Tag trinken zu müssen.
"Jeder Alkolholiker lügt. Alkoholismus geht mit sehr, sehr vielen Schwierigkeiten einher. Ich finde den Satz toll: 'Alkohol ist ein Lösungsmittel: Es löst Probleme, es löst Familien, es löst Beziehungen, es löst dich auf.' Und wenn du in der Situation bist wie ich, dass du es entweder verstehen kannst, für dich annehmen kannst und begreifen und ändern kannst oder du stirbst früher oder später, dann gibt es nur A oder B - und ich habe mich glücklicherweise für A entschieden."
Zweimal versuchte die beliebte Schauspielerin vom Alkohol loszukommen. Zweimal klappte es nicht. Erst ein stationärer Aufenthalt in der Berliner Charité wirkte.
"Ich habe zwei Anläufe gebraucht. In einer sehr schicken Klinik für sehr viel Geld und in einer sehr volksnahen Klinik. Das hat zwei Mal nicht zum Erfolg geführt und ich habe mich dann selber in die Charité in Berlin einweisen lassen - auf den Rat meiner besten Freundin. Sie hat mich beraten und durchgesetzt, dass ich den Entzug dort nicht ambulant, sondern direkt stationär durchführen musste. Kalter Entzug, 12 Tage lang. Das wünsche ich meinem ärgsten Feind nicht. Aber es war so erfolgreich, dass ich seit dem 21. Oktober 2017 keinen Tropfen Alkohol mehr getrunken habe und das auch nicht mehr tun werde. Darauf bin ich sehr stolz."
Heute kann Baumeister sogar mit einen Lächeln auf diese Zeit zurückblicken.
"Eine unterhaltsame Geschichte aus der Zeit: Ich habe mich immer gewundert, warum mir der Oberarzt vier Mal am Tag die Hand gibt. Ich dachte: 'Der ist aber höflich'. Dabei hat er den kalten Schweiß meiner Handinnenflächen geprüft. Der Psychiater war so ein Profi, dass er daran prüfen konnte, wie weit der Entzug fortgeschritten war oder ob er mir einen Pfleger vor die Tür setzen muss oder nicht. Wenn ich heute mit der S-Bahn an der Charité vorbeifahre, dann danke ich Gott oder was es auch immer dort oben gibt, dass mir das gelungen ist. Aber es war wirklich kein Zuckerschlecken."