Rapper Disarstar flext Metallbügel gegen Obdachlose ab: "Nicht mal das Mindeste"
Hamburg - Der Hamburger Rapper Disarstar, bürgerlich Gerrit Falius (28), machte jetzt mit einem sozialkritischen Clip - inklusive einer drastischen Aktion - auf sich aufmerksam. Das Thema: der Umgang mit obdachlosen Menschen in Deutschland.
In einem YouTube-Video mit dem Titel "Nicht mal das Mindeste" klärt der 28-Jährige seine Fans über die aktuelle Situation in Deutschland auf.
Obwohl die Bundesrepublik eines der reichsten Länder der Welt sei, lebten offiziell etwa 50.000 Menschen auf der Straße. "Die Dunkelziffer sollte deutlich höher ausfallen, auch weil Menschen, die unter menschenunwürdigen Umständen in irgendwelche Notunterkünfte eingepfercht sind, gekonnt aus diesen Zahlen herausgerechnet werden."
Laut einer empirischen Untersuchung im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales sind es in Deutschland hochgerechnet insgesamt - wohnungslose Menschen ohne Unterkunft und verdeckt wohnungslose Personen - 86.712 Menschen.
Jährlich würden bis zu 1600 Straftaten gegen Obdachlose dokumentiert, führt der 28-Jährige in seinem Beitrag weiter aus. Laut einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion waren es 2017 rund 1400.
Mindestens 23 obdachlose Menschen seien vergangenen Winter auf der Straße erfroren. Das bestätigt die Bundesarbeitsgemeinschaft für Wohnungslosenhilfe zumindest für den Winter 2020/2021. Aktuellere Zahlen liegen nicht vor.
Hitzetote im Sommer würden nicht statistisch erfasst.
"Nicht mal das Mindeste" auf YouTube
"Obdachlosigkeit kann jedoch nahezu jeden treffen"
Die "Lebenskrise Obdachlosigkeit" könne nahezu jeden treffen. "Es gibt kein Recht auf Wohnung in Deutschland und wer seine Miete nicht zahlen kann, landet auf der Straße", führt der Hamburger weiter aus.
"Lebt man auf der Straße, wird man um ein Vielfaches öfter Opfer von Gewalttaten, Opfer von Ausgrenzung und Vertreibung, Opfer von Drangsal durch die Polizei." Der Staat trete für Betroffene oft als Barriere auf.
Seit mehr als zehn Jahren lebe der 28-Jährige auf St. Pauli und beobachte, wie den obdachlosen Menschen durch "massive investoren- und touristenfreundliche Aufschickung" immer weniger Platz eingeräumt werde. "Sie bauen Bügel und andere Schikanen auf Bänke und Liegeflächen, damit es sich dort ja niemand gemütlich machen kann", damit die Großstadtidylle nicht gestört wird.
"Natürlich ist das alles zutiefst menschenfeindlich und natürlich geht es hier nicht um die lösungsorientierte Auseinandersetzung mit einem Problem. Es geht einzig und allein um die Verdrängung und Vertreibung."
Disarstar greift zur Flex
Mit seinen Worten soll es aber nicht getan sein. Wie im Videoclip zu sehen ist, greift Disarstar kurzerhand selbst zur Flex und entfernt zwei Metallbügel auf einer Art steinernen Sitzmöglichkeit, die das Drauflegen verhindern (sollen).
Anschließend legt er eine klappbare Matratze und Bettzeug auf den kalten Stein. Dazu noch eine Vase mit einer Blume. Auf die Mauer sprüht er schließlich noch in Rot die Worte "Nicht mal das Mindeste". Ein Mahnmal.
Auch das Hamburger Straßenmagazin "Hinz&Kunzt" nahm sich des Themas an und machte auf den Beitrag des Rappers auf Instagram aufmerksam. Laut dem Magazin sei bis Montag keine Strafanzeige gegen Disarstar eingegangen.
Die gemeinnützige Organisation "GoBanyo" schrieb in einem Kommentar: "#feindlichearchitektur ist staatlich angeordnete Gewalt an Menschen, die auf den Straßen überleben müssen."
Titelfoto: Screenshot/YouTube/Disarstar